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Acoustic Revolution ~ Haunted By Numbers (2012)

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Haunted By Numbers
Haunted By Numbers

Die durch Selbstkur in den Status des akustisch Revoluzzer-Klerus Erhobenen melden sich nach ihrem Debut „Till the Sun Burns Out“ mit dem obskur betitelten „Haunted By Numbers“ in Silberlingform zurück. Das Konzeptalbum wartet inhaltlich mit dem Alltagsphänomen der Zahlenschizophrenie auf und bietet ein erstaunliches Kompendium des bösartigen und quasi-institutionellen Regulativs ZAHL auf.

So werden die drei Musiker, die auf ihrem Album als repräsentativ für nicht-Zahlen-affine Freiheitsliebende verstanden werden dürfen, von einem beinahe diabolischen Heer von Zahlen verfolgt. Ob in Form von mathematischen Schulerinnerungen, Tempobegrenzungen, Lügengeschichten der Waage, Dispo und Promillewert – überall jagen Ziffern, Nummern und Beträge den friedliebenden Folkfreund durch die Lande und machen ihm das Leben schwer. Aber der Prozess der Feindsichtung, und diesbezüglich tritt das Album in fast missionarischer Selbstverantwortung auf den Plan,  bietet einen Ausweg: 13 Titel voller stilistischer Vielschichtigkeiten, Nova und kolumbischer Sichtungen bieten ein Eiland des Einhalts … und sah, dass das Licht gut war.

Mit Hooray geizt der Opener nicht mit seinen Ressourcen und wirft gleich einen seiner stärksten Figuren auf das Schachfeld der Zahlenbewältigung. Musisch werden die drei Hauptbesetzenden durch ein Schlagzeug unterstützt, das dem Gesamtsound sehr gut tut. Mit der Ouvertüre verweist das eigentliche Trio auf – für Live-Unkenntliche – astreine Auftrittsqualitäten: Die Eigenkompositionen gehen ad hoc ins Gehör und ohrwurmen sich augenblicklich ins musische Gedächtnis. Das kraftvolle „Hooray“ kommt derart intuitiv daher, dass selbst Uneingeweihte vom ersten Refrain an im Refrain mitzusingen imstande sind. Dabei variiert der Leitterminus vom kraftvollen Schlachtruf bis hin zum taktübergreifenden Sakralduktus.

Mit Gitarre, Bass, Banjo und Gitarre sind die drei Herren auffällig unauffällig bestückt. Doch die Kunst des Minimalismus kommt hier mit einer Selbstverständlichkeit daher, dass die Ohren vor Hörgenuss vergehen mögen. Maßgeblich für den Gesamtsound ist jedoch der Gesang, der sich vielerorts, wie bspw. beim Titelgeber des Albums, im Aaaaaaa-Uuuuuu-Kehrreim dreistimmig Luft macht. Dem Auditorium bleibt so die freie Wahl, welche Stimme mitzusingen ist.

Trotz ihrer etwas befremdlich daherkommenden optischen Portraitierung, die eher einer Trash-Metall-Formation gut zu Gesicht stünde (das sich im Cover in Form von Steinmienen manifestiert), beleben Acoustic Revolution ihren Stilmix mit einer vitalisierenden Lebensfreude. Dabei strafen sie der Auffassung, das viel auch viel helfe, Lügen. So eröffnet Living Joke Without A Punchline mit einem fröhlichen Jahrmarktspfeifen, das eher an den illustren Leierkastenmann vom Wurststand nebenan erinnert, denn an die Gesichtsmasken aus dem Cover. Denn auch live vermitteln die Herren ein anderes Bild:

 

 

Doch das Gesamtkonzept als Entwurf des Minimalistischen auszuweisen, würde die instrumentale Kunst der Herren in viererlei Hinsicht arg reduzieren. Das Gewinnen des Deutschen Rock- und Poppreises in den Kategorien „Bester Folkrocksong“, „Beste Folkrockband“ und „Beste Single“ im Vorjahr mal außer Acht gelassen, sprechen die fingerleichtfertigen und niemals festgefahren daherkommenden Soli eine eindeutige Sprache. Gitarre und Banjo brillieren und überbrillieren sich gegenseitig in den kurzen Passagen, in denen die Stimmgewalten pausieren. Dabei überzeugt das Trio aber vor allem durch das unaufgeregte Nicht-Vordrängeln ihrer Fertigkeiten zugunsten eines Stilcocktails, das zwischen Folk, Classic Rock, Country und Bluegrass verortet werden mag.

Breakin‘ up gibt eine viel zu kurze Gehörprobe des eigentlichen Könnens ab, das sich auch auf der Bühne in beinahe weißem Gewand präsentiert:

 

 

Auf die Länge von 13 Titeln liefert Acoustic Revolution ein Feuerwerk an technischen Können, intuitiv erschreckend eingängiger Eigenkompositionen und Spielfreude ab. Bisweilen erscheint das Mittelfeld etwas fad. Wenn man die herausstechende Qualität einzelner Titel als Maßstab des Albums setzt, mögen manche etwas erwartbar erscheinen, was jedoch der Prädikation „Album des Monats“ keinen Abbruch tut. „Haunted By Numbers“ weist stilistische Vielfalt nicht nur als Option, sondern als verbindlichen Maßstab musischen Schaffens aus. Wer Produktionen vor dem Hintergrund exzellenter Instrumentalkunst in Verbindung mit äußerster Live-Tauglichkeit liebt, ist mit diesem Album mehr als bestmöglich beraten.

Tracklist

  1. Hooray
  2. Haunted By Numbers
  3. Living Joke Without A Punchline
  4. Getaway Car
  5. Take Me To The Edge Of The Night
  6. Do Me Now
  7. Gimme More
  8. Just A Good Friend
  9. Breakin’ Up
  10. Love In A Hurry
  11. Hold On To You
  12. Four Pieces
  13. The Long Goodbye

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