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An Cat Dubh ~ 15 (2008)

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Cover 15Wir sollten mit Kritik nicht sparen, meinte die Band, die fünfzehn wurde. Doch darf man Geburtstagskinder überhaupt kritisieren? Andererseits sei uns der Wunsch der fünf wackeren Musiker natürlich Befehl! Hier kommt es also, unser Gutachten der Jubel-CD, mit dem schlichten, aber sinnigen Namen „15″.


Kritikpunkt Nummer eins: Das Design.

Wie eine bunte Geburtstagswundertüte sieht die CD-Hülle wirklich nicht aus. Schwarz ist sie und genauso schlicht, wie ihr Name. Vorne ist sie mit einer weißen „15″ und einer Hand verziert, deren Beleuchtung schon auf eine Live-Situation hindeutet. Und tatsächlich, auf der Rückseite des Booklets steht es in großen, roten Arial-Buchstaben: „Live – Bessunger Knabenschule – 12.10.07″. Einen passenderen Ort kann man für eine Band in diesem Alter wirklich nicht finden. Im Inneren findet sich neben einer Übersicht über das Programm der CD eine Reihe von schönen Live-Bildern, die zusammen mit einem doppelseitigen Photo der Band in Aktion einen guten Eindruck des Gigs vermitteln.

Hier kommt die Kritik: Die meisten Lyrics sind zwar bekannt oder googlebar, trotzdem ist es schade, dass sie der CD nicht beiligen. Und: Ihr klingt wesentlich besonderer und individueller, als es die Rückseite Eures Booklets verspricht! Aber: schönes Tattoo.

Kritikpunkt Nummer zwei: Die Musik

Es ist sicher kein schlechter Zug, die CD mit der wutgeladenen Version von „Young Ned of the Hill“ von den Pogues zu beginnen. Das will schon was heißen, wenn man Oliver Cromwell leidenschaftlicher verflucht als ein Sohn irischer Eltern. Es folgt ein weiteres Cover: „Taney Town“ von Steve Earl – sehr chillig, sehr ansprechendes Gitarrensolo. Fast noch besser als beide Cover gefällt mir jedoch die Eigenkomposition „Wherever I Wander“, eine sehr lebendige und authentische musikalische Umschreibung des wilden Gefühls hinter dem Akt des Hineinlaufens in das Nirgendwo. Dann kommt für das „Intro“ die Mandoline mit der Bodhran vor einer schlichten Bassbegleitung zum Zug. Diese Einleitung mutet wahrlich traditionell an, hebt sich langsam in ihrer Intensität und führt raffiniert zum Traditional „Smugglers“. Die Dominanz der lockeren Madonlinenläufe wird mit „Another Man’s Cause“ von den Levellers durch das Akkordeon abgelöst – den Höhepunkt der Coverei bildet allerdings „Ride on“ von Jimmy McCarthy. Keine Fassung dieser Melodie, die nicht ergreifend wäre – diese Version jedoch hat es in sich. Besonders im Part mit der Bodhran überschlägt sich die Stimme des Sängers – man nimmt ihm Trauer ab. Auch der mehrstimmige Backgroundgesang und das Flötensolo tragen zu einem angenehmen Gänsehautfeeling bei. Einfach schön!

Der nächste Song mit dem ironischen Unterton könnte man beinahe mit einem Traditional verwechseln, doch auch dieses Stück stammt aus Anands Feder. „Hail to the King“ steht den anderen Covern nichts nach, wie auch der Beifall des Publikums verdeutlicht – und der Vergleich mit „As I Roved out“ zeigt: Mit Rufen wie „Drink it if you’re able!“ und „ayayayayyaaaaa!“ wird ein beinahe temperamentvoll südländisches Flair erzeugt, das Stimmung garantiert. Mit den Alltime-Folkschlagern „Black’n’Tans“ und den „Raggle Taggle Gypsies“ geht’s weiter. Man könnte fast Mitleid bekommen: Mal wieder ist eine Braut mit den Zigeunern abgehauen – und alle klatschen mit…

Musikalisch sehr viel dramatischer hält sich dagegen „Something Unsaid“, auch ein Stück von An Cat Dubh. Diese Stimmung wird von der Soundcheck-Version von Steve Earles „Johnny Come Lately“ durchbrochen – doch woher kommt der Applaus am Ende des Liedes? Der Art der Klatscherei zufolge kann sich die Band jedenfalls nicht selbst bejubelt haben – nachträglich wurde im Studio gleichwohl bei den meisten Stücken noch die eine oder andere Spur hinzugefügt, wie im Booklet vermerkt wurde. Das hat sich gelohnt, so zum Beispiel bei dem Traditional „Leis a Lurrighan“, dem zusätzlichen kanonartig Backing Vocals hinzugefügt wurden. Ganz authentisch blieb die Ballade „Once“ von Robert Hancock – auch hier hat die Band gekonnt mit den Gefühlen des Publikum gespielt, ist aber nichts gegen das Traditional „Black is the Colour“. Das Keyboard erzeugt zunächst eine fast meditative Stimmung, die durch die Drums und die Gitarre durchbrochen wird. Natürlich kann man eine Zuhörerschaft nicht derart mitgenommen von der CD-Lauscherei entlassen: Auch wenn die inoffizielle Hymne der Stadt Dublin über „Molly Malone“ und ihren Fiebertod eigentlich tragisch ist – das Publikum scheint Spaß zu haben, während sie zusammen

„Alive-a-live-oh,
Alive-a-live-oh“,
Crying „Cockles and mussels, alive alive oh“

in ein Fade-Out singen – oder ist das etwa eine Studio-Spur? Egal, es klingt brilliant und macht gute Laune.

Doch wir sollten ja nicht mit Kritik sparen, merkt also auf: Schade, dass auf Eurer Homepage die Lyrics für „Wherever I wander“ und „Something Unsaid“ nicht zu finden sind – denn auch wenn die Texte eigentlich gut zu verstehen sind, so hört man manchmal doch gerne das, was man hören möchte. Andererseits muss man Euch zugute halten: Die Lyrics von „Smugglers“ gibt es bei Euch für passionierte Gitarrenspieler gleich mit Akkorden zum Download. Sehr schade, aber eben auch unvermeidlich bei Live-Aufnahmen, ist das Gequatsche des Publikum bei „Ride on“: „Kennst Du das?“ und „Was heißt das denn?“ sind nur Teile eines Gesprächs, das man deutlich versteht und bei denen man sich als Zuhörer fragt: „Hättet Ihr Euch nicht später oder an anderer Stelle über Eure Vokabellücken oder Euer musikhistorisches Wissen austauschen können? Da vorne schüttet jemand sein Herz aus – oder tut zumindest so!“

Resümee

„Wir hoffen natürlich, dass die CD Euch gefällt“, meinte die Band auch noch zu uns. Aber sicher doch! Dieser leidenschaftliche Sound ist massenkompatibel für ein breites Altersspektrum, und trotzdem rockbar, tanzbar, singbar – haufenweise dahinsiechende Ohrwürmer holt er mit einer Live-Therapie ins Leben zurück, so dass sie auf die charmant-intonierte Aufforderung „Ihr dürft sogar klatschen!“ zur Lärmproduktion ihre Armprotesen hervorholen. Eine Breitband-CD sowohl für gemütliche Abende im Pub und regnerische Nachmittage zu Hause, als auch Familienfeste, Auf-den-Tischen-Tanz-Parties und Unterrichtseinheiten zum Thema „Who’s Who in (Irish) Folk Rock“. Die Pfoten von der feinen Scheibe sollten jedoch all jene lassen, die sich ausschließlich auf experimentelle Neukompositionen und Kreuzungen unterschiedlichster Musikstile mit Hauptaugenmerk auf exotische Läufe keltischer Instrumente einlassen wollen.

Trackliste

  1. Young Ned of the Hill
  2. Taney Town
  3. Wherever I wander
  4. Intro / Smugglers
  5. Another man’s cause
  6. Ride on
  7. Hail to the king
  8. As I roved out
  9. Black’n Tans / Raggle Taggle Gypsies
  10. Something unsaid
  11. Johnny come lately
  12. Leis a Lurrighan
  13. Once
  14. Black is the colour
  15. Molly Malone

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