Eine Band mit herausragenden musikalischen Fähigkeiten, die ein bemerkenswertes Instrumentarium und Grooves aus verschiedenen Kontinenten verbindet – trotzdem hat kaum jemand bei uns schon von Beltaine aus Polen gehört. Dass sich dies unbedingt ändern sollte, beweist ihr aktuelles Live – Album von einer Tour im März. Der rote Faden ist unzweifelhaft Keltisches, was sich nicht nur auf Irland beschränkt, sondern auch die Bretagne oder Nordspanien meint. Damit kombinieren Beltaine Indisches, Südamerikanisches, Afrikanisches, mixen dazu Rock, Funk oder Soul, was eine ungemein vielschichtige Mischung ergibt. Der Kölner Harfenist Jochen Vogel passt da prima hinein, da er bestrebt ist, sein Clairseach genanntes Instrument in moderne Zusammenhänge zu setzen.
Die polnischen Beltaine (nicht zu verwechseln mit zahlreichen gleich benannten) bestehen seit 2002 und sind zu Siebt. Die Band hat schon in Mexiko, Malaysia und Moldawien gespielt und wird wohl der Kategorie Weltmusik zugeordnet – was schade ist, da sie keineswegs nur ein Nischen – Publikum überzeugen kann, wie an der Live-Aufnahme unzweifelhaft zu hören ist. Sie haben zwar auch E-Bass und Schlagzeug, sind aber keine Rockband im engeren Sinn, denn die Gitarren spielen meist eine untergeordnete Rolle. Trotzdem sind sie mit ihrem druckvollen Sound auf der Höhe der Zeit. Statt eines Keyboards bringen eine reiche Auswahl vonMelodieinstrumenten eine große Palette Klangfarben. Der metallische Klang von Vogels Stahlsaitenharfe wird durch Effekte weiter verstärkt. Wer von einer Harfe nur sanftes Säuseln erwartet, muss sich umgewöhnen. Ihr Zusammenklingen mit einer kraftvollen Band macht diese CD außergewöhnlich. Beltaine setzen vorrangig auf das Zusammenwirken von Rhythmen und Melodien, wobei die Harmonien weniger durch Akkorde gesetzt sind. Den Groove betont die zusätzlich zum Schlagzeug laufende Perkussion mit dem (hervorragenden) Bass. Darüber legen die Fiddle, Bläser oder Harfe variationsreiche Stimmen, die untereinander verknüpft sind. Live muss das eine echtes Erlebnis gewesen sein.
Gern beginnt ein Stück mit selbst geschaffenen Melodielinien, bevor sich dann ein keltischer Tune herausschält, etwa beim beliebten Slipjig Butterfly. Little Cascade stellt die Harfe mit einem ruhigen irischen Stück in den Vordergrund, es geht aber auch rockig zu bei komplett eigenen Werken mit traditionell klingenden Riffs: Influenza oder Lodz by Night. Gesungen wird recht wenig. Bei Mad Song wird düster im Hintergrund ein Gedicht von William Blake vorgetragen, beim Bretolomolo gibt es den typisch bretonischen Sprechgesang. Erst als letzte Nummer kommt ein „richtiger“ Song, der Pop-Klassiker Ain’t No Sunshine, wo die Harfe mit cleveren Akkorden eine ganz eigene, leicht melancholische Atmosphäre schafft. Stark. Erheblichen Anteil am Gesamteindruck hat der Mann am Mischpult, der kräftig seine Soundeffekte einsetzt und einen trotz aller Unterschiede charakteristischen Bandsound gestaltet.
Ein sehr dichtes Album, bei dem es schwer fällt, Favoriten herauszupicken. Beltaine sei allen anspruchsvollen Festivalveranstaltern und -besuchern warm empfohlen.
Besetzung
Adam Romanski – Fiddle
Grzegorz Chudy – Low Whistle, Akkordeon, Bombarde, Bansuri, Gesang
Lukasz Kulesza – akustische Gitarre
Bartlomiej Dudek – E-Bass
Jan Kubek – Tabla, Cajon, Djembe
Jan Galczewski – Bouzouki, E-Gitarre, galizischer u.a. Dudelsack, Bodhran
Mateusz Sopata – Drums
Rafal Witkowicz – Sound
Trackliste
- Beltaine
- Influenza
- Bretolomolo
- Mad Song
- Butterfly
- Lodz By Night
- Little Cascade
- Hoodoo’s Lament
- Technogaita
- Ain’t No Sunshine
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