Horizonte sind dazu da, um erweitert zu werden… Nach Long Distance Love versuchen Cara mit ihrem vierten Studio-Album, die Grenzen des keltischen Genres noch weiter zu verschieben. Das Material ist großenteils selbst geschrieben und auch die Songbearbeitungen zeichnen sich durch große Eigenständigkeit aus. Die Band verweist mit berechtigtem Stolz auf das hohe Lob des Irish Music Magazine. Passenderweise ist die menschliche Kreativität im Opener Take Flight selbst Thema des Albums.
Die Atmosphäre von Horizon ist etwas anders als beim Vorgänger, was mit einem Besetzungswechsel zusammenhängt. Jeana Leslie, die ein Zusatzstudium aufnimmt, wurde von Kim Edgar abgelöst, die weiter den schottischen Part vertritt. Sie singt und spielt hervorragend Piano oder Keyboard, was den Tunesets einige Wucht verleiht. Ihre Stimme harmoniert gut mit der von Gudrun Walther, so dass ein Cara – Markenzeichen, der doppelte weibliche Gesang, erhalten bleibt. Einige Gastmusiker, speziell an Drums und Bass, unterstützen die Power.
Die drei Songs von Gudrun Walther – Take Flight, Snow Moon und Be Gone – sind warm und mit vollem Klang poppig-eingängig. Kim Edgar führt sich da ganz anders ein: ihr Blood, Ice and Ashes ist aus der Sicht einer Mörderin geschrieben, sozusagen als Ausgleich für die ganzen Frauen, die in schottischen Balladen hingemeuchelt werden. Ein Song, der mit starken Bildern die Anmutung einer Eisskulptur hat. Ihre Stimme ist offenbar klassisch geschult, was auch ihrer Neuvertonung eines Robert Burns – Textes und der Ballade Lord Gregory eine distanzierte Kühle verleiht. Die Instrumentierung liefert sehr differenzierte Stimmungen dazu.
Die Bodhran lässt in den fähigen Händen von Rolf Wagels oft einen untergründigen Puls durchlaufen. Gitarrist Jürgen Treyz zeigt in Odd Rhythms seine Liebe zu südosteuropäischen Rhythmusverschiebungen, greift aber auch mal zur E-Gitarre, was ungewöhnliche Kombinationen zulässt. Ryan Murphy reizt die Möglichkeiten seines Instruments aus und übernimmt bei den Songs quasi die Aufgabe einer Bläser-Sektion. Die Big Jigs oder Baby Steps to Whiskey kombinieren eigene mit traditionellen Tunes und entfalten eine Menge Power. Das liegt auch daran, dass die Stücke sooft es ging gemeinsam und nicht nacheinander eingespielt wurden.
Das ausführliche Making of – Video macht auch deutlich, dass Cara eine „Indie“- Band ist, die mit eigenem Studio und Agentur die Kontrolle selbst in der Hand behält.
Restlos glücklich bin ich mit Horizon aber nicht. Die Band hat ihren neuen Mitgliedern eine Menge Raum gegeben, man hört viel Pipes und Piano, dafür weniger Fiddle. Ryan Murphy spielt zwar auch Flöten, ich vermisse aber manchmal ein weiteres melodietragendes Instrument, wie es in den Anfangsjahren die Concert Flute oder Jeana Leslies Fiddle waren.
Wie die neuen Stücke von Cara live funktionieren, kann man am besten bei der jetzt beginnenden Deutschlandtour feststellen. Dass die Gruppe unbedingt sehenswert ist, hat mir der Auftritt in Altena vor vier Wochen noch einmal bestätigt.
Trackliste
- Take Flight
- Masters of Consequence
- Blood, Ice and Ashes
- Odd Rhythms
- Snow Moon
- Three Seasons
- The Bonnie Lad
- Big Jigs
- Be Gone
- Baby Steps to Whiskey
- Lord Gregory
- Jakob’s Minuet
- The Widow’s Promise
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