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Carlos Nuñez ~ Alborada do Brasil (2009)

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Keltische Musik hat nicht nur den Weg nach Nord- sondern auch nach Südamerika gefunden. Was für Iren die USA, war für Portugiesen und Galizier offenbar Brasilien: von Millionen angesteuertes Auswanderungsland. Carlos Nuñez nahm dies zum Anlass für eine spannende Reise auf den Spuren seines ebenfalls musikalisch aktiven Urgroßvaters. Dieser war vor 100 Jahren ausgewandert und in Brasilien verschollen.Carlos Nuñez stammt aus dem keltischen Nordwesten der iberischen Halbinsel, der Gegend um Santiago de Compostela. Seit Jahren begeistert er mit seiner Virtuosität ein großes internationales Publikum und war immer bemüht, Aufmerksamkeit auf musikalische Traditionen zu lenken, die ihm wichtig sind. Drei Jahre war er in Brasilien unterwegs, um der Verbindung von keltischer und anderer traditioneller Musik nachzuspüren. „Alborada do Brasil“ („Ständchen aus Brasilien“) ist sehr aufwändig mit vielen Gastmusikern produziert, wobei die Handschrift von Nuñez immer zu spüren ist. Einordnen könnte man das Ganze unter „Weltmusik“; man muss noch nicht mal auf Folk stehen, um das Album zu mögen. Pipes und Sambatrommeln gehen ganz gut zusammen, es passiert aber sehr viel mehr. Die Zahl der Tonspuren auf allen 13 Tracks muss erheblich gewesen sein. Entsprechend der Größe des Landes sind verschiedene Stile und Instrumente zu hören, dennoch gibt es einen runden Gesamteindruck. Auch elektronische Loops fügen sich nahtlos ein.

Nuñez selbst spielt den Dudelsack Gaita in der galizischen und der brasilianischen Ausführung sowie diverse Flöten von Okarina bis Low Whistle, oft in Multitracking. Akkordeon, Blechbläser, Zupfinstrumente verschiedener Bauart und ein ganzes Arsenal von Perkussionsinstrumenten bringen Lebendigkeit. Der keltische Anteil ist unterschiedlich stark herauszuhören, am deutlichsten sicher bei Y Brazil, wo die irischen Kollegen von den Chieftains mitspielen. Ziemlich beeindruckend und sehr südamerikanisch singen Adriana Calcahotto, Lenine und Carlinhos Brown. In Brasilien wie bei den Kelten gilt offenbar: bei aller Lebensfreude ist immer etwas Melancholie im Spiel.

Auch wenn man kaum ein Wort versteht, erschließen sich die emotionalen Farben. Verlockung, Verheißung liegt in den Liedern, Bilder von Wärme und Strandpartys stellen sich ein. Recht angenehm, wenn man die Scheibe bei Novemberregen im Auto laufen lässt. Mein Favorit ist Ponta de Areia, der Sound eines altertümlichen Rummelplatzes, wo vielleicht Uropa Nuñez sein Geld in einer Blaskapelle verdiente. Das macht einfach gute Laune.

Das ausführliche Booklet enthält Infos auf Französisch sowie die gesungenen Texte. Es ist auch angegeben, welche Musiker/-innen wo mitwirken – eine beeindruckende Liste, die auch den jüngeren Bruder Xurxo oder Niamh Ni Charra nennt. Zu den galizisch-brasilianischen Beziehungen gibt es Hintergrundwissen auf deutsch im Netz.

Nuñez spielt wie immer sehr flüssig und ein bisschen glatt, alles ist sehr eingängig, aber wohl nicht das Richtige für eingefleischte Rockfans. Wer auf eine gefühlte Reise in den Süden gehen möchte, kann die Tour zur CD ab Januar wahrnehmen.

Trackliste

1. Alborada de Rosalía
2. Vou Vivendo
3. Alvorada de Cartola
4. Nau Bretoa
5. Gaita
6. Xotes Universitarios
7. Coraçao Brasileiro
8. Y-Brazil
9. Ponta de Areia
10. Padaria Elétrica da Barra
11. Maxixe de Ferro
12. Feira de Mangiao
13. Assum Preto/Asa Branca


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