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Children of Lir ~ This is the Story (2010)

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Kopiert wird nicht, so viel ist klar. Wer ‚un-traditional Irish music’ als Motto angibt, sucht seinen eigenen Weg. Die Children of Lir aus Köln haben dies auch bei  ihrem  neuen Tonträger umgesetzt. Die Band wollte  die Kontrolle über die Produktion selbst behalten. Die Aufnahmen haben sich über zwei Jahre hingezogen, und es ist gleich ein Doppelalbum geworden. Es entstand zu großen Teilen bei den Proben quasi unter live-Bedingungen, es gibt nur wenige Overdubs. Das Ergebnis bietet einige Vielfalt, hat Persönlichkeit und Charme, aber auch Ecken und Kanten.

Die Children of Lir treten seit 2004 gemeinsam auf. Sie sind eine ausgesprochene Live-Band, und dies sollte auch bei This is the story zum Ausdruck kommen. Das Quartett vereint sehr unterschiedliche Vorerfahrungen, die sich auf interessante Weise ergänzen. Sängerin Diana besitzt eine ausgebildete Stimme, sang aber auch schon in Musicals oder einer Heavy-Metal Band. Geiger Nils hatte klassischen Unterricht und ist qualifizierter Chorleiter, Gitarrist Ingo bläst und trommelt konventionelle, aber auch ungewohnte Instrumente, Sascha L. ist in verschiedenen Projekten multiinstrumentell unterwegs. Mit drei Leuten, die Gitarre und zweien, die Geige spielen, können COL bei den Arrangements aus dem Vollen schöpfen, zumal sie alle vier auch singen.

Die beiden Scheiben repräsentieren unterschiedliche Stimmungen: mal lebhaft, mal mehr besinnlich. Das Material ist zum großen Teil vertraut und wird durch einige eigene Stücke ergänzt. Der eigene Ansatz zeigt sich eher in der Instrumentierung und den Arrangements.

Stärke der Band sind die sorgfältig durcharrangierten Klassiker wie Paddy’s Green Shamrock Shore, Foggy Dew, He Moved Through The Fair oder Spancil Hill. Oft wird mit Didgeridoo, Slide-Gitarre oder Oberton-Gesang eine etwas düstere, aber energiegeladene Atmosphäre beschrworen. Schlaggitarre und vielfältige Percussion sorgen für den Drive. Sängerin Diana hat eine feine, nicht besonders kräftige Stimme, die es manchmal gegen das Instrumenten-Gewitter schwer hat. Dabei sind ihre Interpretationen grade bei den viel gehörten Songs absolut beeindruckend. Mich erinnern manche Passagen an die Incredible String Band (Glasgow um 1970) , was die Band wahrscheinlich unter „Hippiezeug“ verbuchen würde.

Es gibt eine Vertonung von Yeats, das harmonisch-besinnliche When You’re Old. Die Version von Aragon Mill ist deutlich dramatischer als die von Andy Irvine oder den Fureys. Die Legende von den Kindern des König Lir (C.o.L.-Song) hat die Band mit ganz unterschiedlichen Parts vertont. Nett wäre gewesen, zumindest bei den nicht trad.-Songs die Texte abzudrucken.

Eine ganz eigene Handschrift tragen auch die Instrumentalstücke. Die beiden Reels zum Auftakt wären nicht sonderlich bemerkenswert, würde nicht plötzlich eine Holzbühne erbeben unter den Steptanzschritten der Sängerin. Bei Mug of Brown Ale gibt’s den donnernden Bühnenboden noch mal im Jig-Rhythmus. Das geht richtig ab. Caliope House, von Dave Richardson als Jig geschrieben, macht vom Sechser- eine Transformation zum Vierertakt durch, was entschieden lustiger wird, eben un-traditional. Der Musical Priest bleibt ein Fiddlereel, bekommt aber eine clevere 2. Stimme drübergelegt.

Der Hörer soll sich unvoreingenommen auf die Musik einlassen. Deshalb gibt es auch keine Zeitangaben. Hätten die 16 Tracks nicht auf eine einzelne CD gepasst? Wohl kaum. Die Gesamtspielzeit von 85 Minuten rührt daher, dass in einem Titel mehr drin ist als draufsteht. Manchmal ist noch ein Instrumentalstück angefügt, wo die Fiddler glänzen, oder ein überraschender Ausklang mit einer Bluesharp. Nach meinem Eindruck gelingt es aber nicht immer, den Spannungsbogen über die gesamte Zeit eines Tracks zu halten. Die beiden jeweils letzten Nummern auf den CDs sind nach dem angegebenen Song noch längst nicht zu Ende, sondern laufen über mehr als zehn Minuten. Es gibt gleich mehrere Hidden Tracks im Track. Dabei fanden manche Schnipsel Verwendung, die der Tonqualität nach vom Boden des Probenraums aufgefegt wurden. Es gibt eine Blues-Improvisation auf der Tinwhistle, Szenen vom Lagerfeuer am Strand sowie zwei Songs, die nach später Stunde und reichlich Whiskey klingen. Das ist nach dem ersten Durchgang und für Außenstehende nur bedingt lustig. Aber sei’s drum.

Wer die Chance hat, COL live zu sehen, wird bestimmt viel Spaß haben, etwa beim Castellan’s Festival am 17. Juli. Die CD ist entweder bei Konzerten oder über die Website zu erwerben.

Trackliste

  1. The Swallow’s Tail/Drowsy Maggie
  2. The Children of Lir Song
  3. The Mug of Brown Ale
  4. Aragon Mill
  5. Two Island Swans
  6. Spancil Hill
  7. Caliope House
  8. Mrs McGrath
  9. Kerne
  1. Paddy’s Green Shamrock Shore
  2. Sean Van Vocht
  3. The Musical Priest
  4. The Foggy Dew
  5. Paddy’s Lament
  6. When You’re Old
  7. He Moves Through The Fair

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