Derek Warfield and The Young Wolfe Tones, On the One Road
Derek Warfield hat eine Mission: seit er vor vierzig Jahren die Wolfe Tones gründete, besingt er die heldenhafte Rolle der irischen Nation in der Geschichte, damit die Freiheitskämpfe in Irland und in den USA bei den Nachfahren unvergessen bleiben. Die Covergrafik verweist deutlich darauf. Entsprechend haben sich die Wolfe Tones (anders als die Dubliners) nie um das europäische Publikum gekümmert. Das ändert sich jetzt mit den Young Wolfe Tones, die im August erstmals beim Festival in der Balver Höhle in Deutschland auftreten.
Während die alten Wolfe Tones als Trio ohne Warfield weiter bestehen, haben wir es hier mit einer Neugründung zu tun. Der Sänger, Liedermacher und Hobby-Historiker hat für die Young Wolfe Tones eine Reihe hochklassiger MusikerInnen um sich geschart, die etwas halb so alt sind wie er. Mit ihnen hat er eingespielt, was ihm Spaß macht. Die Doppel-CD bietet daher eine bunte Mischung, bei der musikalisch allerdings kaum ein roter Faden zu erkennen ist.
Eigentliche Volkslieder anonymer Herkunft, etwa The Parting Glass, bleiben am Rande. Zu hören gibt es viel Patriotisches, mal kämpferisch (Come Out Ye Black and Tans), mal sentimental (Only our Rivers), Auswandererlieder (The Streets of New York) und Salon-Lieder aus der populären Unterhaltung, wo der Sänger eine „bühnen-irische“ Klischee-Identität annimmt (The Darling Girl from Clare), was für mich den Rand der Peinlichkeit streift. Etwas unerwartet sind die Cover aus dem Rock-Bereich: The Night they drove old Dixie down oder Galway to Graceland. Bei manchen Mitsing-Titeln ergibt sich eine unvermutete Nähe zum Celtic – Rock – Repertoire, z.B. einem recht flotten Foggy Dew. Auch die Celtic Symphony, Fangesang von Celtic Glasgow in opulenter Aufmachung, wäre vom Thema her rock-kompatibel.
Mitgewirkt haben ein paar Dutzend MusikerInnen bis hin zu einem Chor. Den Leadgesang teilt sich Derek Warfield mit Padraig Allen, der mich ein wenig an Luke Kelly erinnert. Die orchestralen Streicherarrangements lassen einiges überproduziert wirken. Die Band kann sich nicht recht zwischen Tradition und Mainstream entscheiden. Vieles erinnert an den Stil der Sechziger, als Skiffle-König Lonnie Donegan ode die Clancy -Brothers populär waren. Trotz der historischen Bezüge ist die Art des Vortrages nicht darauf gerichtet, den Originalsound aus der Entstehungszeit der Songs genau zu reproduzieren, es wird vieles zitiert, aber eine Festlegung vermieden.
Am besten gefallen mir eigentlich die Instrumentaltitel, da sie am ehesten auf der Höhe der Zeit sind. Hier können Banjo, Pipes, Bodhran und Akkordeon richtig loslegen.
Mit 38 Titeln gibt es eine Menge Musik für’s Geld und auch eine Reihe weniger bekannte Titel. Im Beiheft findet man ausführliche Anmerkungen zum Hintergrund aller Stücke.
Warfields nationalistischer Tunnelblick, der auch auf anderen Alben von ihm zum Ausdruck kommt, wirkt auf mich als Deutsche etwas beklemmend. Lieder und Tanzstücke haben sich immer frei über Grenzen hinweg bewegt, und die Gleichung irisch = gut geht für mich so nicht auf. Den gegenwärtigen, großenteils hausgemachten Problemen der irischen Politik, Verschuldung, Korruption, Vetternwirtschaft, kommt man nicht bei, indem man sich, den Blick rückwärts gewandt, in der Opferrolle einrichtet. Aber vielleicht tröstet die Erinnerung an die Zeiten, als die Iren die mutigen Helden und die Bösen die ausländischen Besatzer waren.
Trackliste
- Over Here, Over There
- The Mountains of Pomeroy (Poem)
- The Mountains of Pomeroy (Song)
- Will You Go Lassie Go
- The Darlin Girl From Clare
- Streets of New York
- The Masons Apron Reel
- Lonely Banna Strand (The Ballad of Roger Casement)
- Galway to Graceland
- The Boys of Kilmichael
- The Night They Drove Old Dixie Down
- The Valley of Knockanure
- The Rathlin Bog/Sally Gardens
- The Ballad of Newgrange (Bru Na Boinne)
- Blackberry Blossom
- The Homes of Donegal
- Sergeant William Bailey
- Teddy O’Neill
- Some Say the Devil Is Dead
- Come Out Ye Black ‚N‘ Tans
- The Night Is….young Set
- Only Our Rivers Run Free
- The Foggy Dew
- The Ballad of Michael Barrett
- The Piper That Played Before Moses
- Slievenamon
- A Decent Cup of Tea
- Siney Crotty’s/Winnie Hayes Jigs
- Grace
- Dixie
- The Parting Glass/Eddie Duffy’s
- Many Young Men of Twenty
- Give Me Your Hand
- Hop/Jean Michel’s Reel
- Dance and a Song and the Shamrock So Green
- Celtic Symphony
- 8th of January/the Battle of New Orleans
- On the One Road
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Damaris Woods, With a Banjo on my Knee
Damaris Woods zählt aktuell zu den besten irischen BanjospielerInnen. Neben anderen Projekten ist sie Mitglied der Young Wolfe Tones. So liegt es nahe, dass auf ihrem ersten Soloalbum einige Bandkollegen mitwirken. Aber auch bei ihr ist eine Unzahl weiterer Gastmusiker beteiligt.
Anders als zu erwarten wäre bieten die 18 Tracks mehr als nur eine Ansammlung von Jig- und Reel-Sets. Damaris Woods unternimmt eine Reise in die anderthalb Jahrhunderte umfassende Geschichte des Banjos in der „weißen“ Musik, daher ist viel Amerikanisches zu hören. Es beginnt mit einer Strophe im Barbershop-Gesangsstil: „I come from Alabama / with a Banjo on my knee“ und nimmt alle Stereotypen zum Instrument auf, bevor es mit einem selbstgeschriebenen Reel zurück nach Irland geht. So gibt es zahlreiche Sprünge über den großen Teich, amerikanische Tunes, die ihren Weg nach Europa fanden und umgekehrt. Derek Warfield steuert zwei Songs bei, darunter The Rocky Road to Dublin, das das Banjo gut voran treibt. Ein anderes klassisches Schaustück ist The Mason’s Apron, mit Tempo und Variationen an Banjo-Urvater Barney McKenna von den Dubliners erinnernd. Die populäre Filmmusik von den Dueling Banjos passt genauso zum Spiel mit den Banjo-Klischees.
Den größten Einfluss auf die Arrangements hatte außer Damaris Woods selber offenbar Ciaran Tackney. Der All Ireland – Champion im Fach Klavier verfolgte offenbar den Ansatz, traditionelle Musik durch klassische Elemente aufzuwerten. Die sehr aufwändige Produktion mit Chor und Orchesterarrangements verbessert den Gesamteindruck aber nur bedingt. Damaris Woods‘ Fertigkeiten kommen am besten zur Geltung, wenn sie sessionartig mit wenigen Kollegen zusammenspielt.
In den 72 Minuten gibt es eine Menge unterschiedliche Stücke, die irgendwann zwischen dem 18. und dem 21. Jahrhundert entstanden sind. Neben dem Banjo greift Damaris Woods auch zu Mandoline und Tenor-Gitarre. Auch ihr Booklet enthält sehr viel Hintergrund zu den Stücken sowie zur Geschichte des Instruments.
Von Derek Warfield wie auch von Damaris Woods würde ich mir Alben wünschen, auf denen sie die Qualitäten ihres musikalischen Materials selbst sprechen lassen, ohne sie unter einem Berg von unnötigen Zutaten zu vergraben.
Trackliste
- Oh Susanna/Ralfs Reel
- The Blackberry Blossom (Hornpipe)
- Dueling Banjos/ Le Reel De La Main Blanche
- The Castle Jig/Green Groves Of Erin/Damp In The Attic (Jig/Reel/Reel) 3:41
- Jenny’s Welcome to Charlie (Reel)
- Garryowen (March/Jig)
- The Hair In The Gate/Maggies Reel (Reels)
- Little Bridget Flynn (Song)
- The Mason’s Apron (Reel)
- O’Carolans Receipt (Planxty)
- Lough Mountain/The Bird’s Nest/McElvogues No. 6 (Reels)
- John Bradys Jig/I’ll Buy Boots for Maggie/The O’Keeffes of Dublin (Jig/Polka/Jig)
- The Rocky Road to Dublin (Song)
- The Barge Inn/Paddy Lynns Delight (Reels)
- The Doune Lodge Two-Step Jig/ Amy’s Rollerskates (Jigs)
- St Patricks Hornpipe
- Calliope House/ Dan Collins Father Jig (Jigs)
- Tartar Frigate/Lukes Reel/Paddy Ryans Dream (Reels)
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