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Dusty Rhodes and the River Band ~ „Palace and Stage“ (2009)

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Dusty Rhodes and The River Band - Palace Stage

Seit dem 5. Juni 2009 ist das zweite Album von den Dusty Rhodes nun hierzulande veröffentlicht. Höchste Zeit, sich einmal anzuhören, wie sich die Band aus Kalifornien auf dem vom Flogging Molly-Gründungsmitglied Ted Hutt produzierten „Palace and Stage“ weiterentwickelt hat.

Diesmal wäre es beinahe beim Hören geblieben, denn leider fehlt der Promo-CD das Booklet – doch selbst ist der Mensch und weiß sich die postmodernen Medien zunutze zu machen: So findet man auf YouTube zum Beispiel das Video zu „Blind Lead the Blind“. Passenderweise nicht nur mit ein paar netten Aufnahmen der Band im gewohnten Retro-Look mit dem typisch wirbelnden Lockenkopf des Sängers Dustin Apodaca, dem Mann mit der markanten Stimme und dem hingebungsvollen Engagement am Keyboard, sondern gleich den Text in weißer Farbe in „den Streifen“ geritzt – eine alte Filmtechnik, die zum Retrosound passt. Den Anspruch, sich Kreativelemente früherer Zeiten zu nutze zu machen, reicht also vom Outfit über die Technik bis in die Musik hinein – ob sie das neue Album genauso wie „First You Live“ aus dem letzten Jahr mit einer analogen Aufnahmetechnik einspielten, bleibt dieses Mal im Dunkeln. Dafür sind sie den Klängen früherer Jahrzehnte treu geblieben, nutzen jedoch nur bedingt Folk-Elemente: Der Gesamtsound geht eher in Richtung Pop. Auch wenn der beschriebene Eindruck immer noch interessant ist, so verlieren die Dusty Rhodes mit dieser Platte den Klangmix, der sie so einzigartig machte – sprich: Es fehlt die Mischung aus Bluegrass – dem Folk des US-amerikanischen Südens – und Gospel, verquickt mit Retrorockelementen. Alles wirkt ein Stückchen professioneller – dafür weniger authentisch, und damit  – leider – weniger sympathisch, auch wenn die Band weiterhin eine enorme, weit über den Durchschnitt reichende Ausstrahlung hat. Vermutlich waren sie nicht nur deswegen auch Tourpartner von Flogging Molly.

Trotz der geringeren Klangvielfalt sind die Songs an sich vielfältig. Legt man die CD ein, wird man gleich von „All One“ hymnenhaft und sehr eingänglich empfangen: „It’s time to shine, this time it’s mine“ dröhnt aus den Boxen, feierlich unterstrichen durch Andrea Babinskis Geigenbackground. Nachdenklicher, aber nicht weniger eingänglich ist „Blind Lead the Blind“ – auch hier ist der Refrain wieder von dem Streichersound dominiert, ein bisschen lässt Disco grüßen und ruft unter anderem entfernte Erinnerungen an die damals so mainstreampopulären Streicher von Take That’s „Never Forget“ hervor – vermutlich ist der Einfluss hier jedoch noch älter als die erwähnte Band. Dustin Apodaca erzählt zu „Blind Lead the Blind“, dass dieser Song ursprünglich von seinen eigenen finanziellen Nöten handelte – durch die derzeitigen Verhältnisse leiden jedoch viele – und erst habe man Geld und stünde dann urplötzlich vor dem Nichts. Man starte mit Respekt und Bedeutung, und dann würde man vergessen und weggeworfen. Im Endeffekt sei man selbst verantwortlich für sein eigenes Schicksal. Ein hochaktuelles Statement – sowohl in Amerika als nun auch hier.

Mit feierlichen Glocken, beinahe weihnachtlich, wird „Palace and Stage“ eingeläutet – sanftes Hintergrundkeyboard, viel Backgroundgesang im Refrain, hochsurrender, synthesizerartiger Klang im Zwischenspiel: Das alles ist schön arrangiert, radiotauglich, balladenartig im Text – doch das, was man als die interessanteren „Knaller“ bezeichnen würde, sind die ersten Stücke. „Andy“ dagegen ist eher das Stück, zu dem man sich ein einsames, kuschelnd-tanzendes Paar  in einem romantischen Kitschfilm vorstellt – auch wenn der Inhalt des Textes eher traurig anmutet. Nach dem ruhigeren „Sorry for Now“ folgt „W.W.M.D.?“, das zu dramatischen Höhen aufschwingt, bis die Lyrics „are just about to fall“: Der Wind bläst stürmisch und alles wirkt  so ein bisschen bluesig-experimentell wie bei den „Queens of the Stone Age“. „Fire in the Sky“, „ Magic Words“, „The Ballad of Jim and Casey“ – alles Stücke, die sich einprägen und an Stücke aus den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts erinnern. In der Laufbahn der Dusty Rhodes bei Sideonedummy Records neu ist ein Stück mit Andrea Babinski als Sängerin. „So Low“ trällert sie zum Vibraphon und ukulelenartigem Klang spielerisch und leicht. Verträumt gezupft geht es auch in „Davidians“ weiter, in der spannenden Kombination mit einer verstärkten Band. Das Album klingt mit Weltmusik aus, die vermutlich nicht von Dustin Apodaca eingesungen wurde: „Quejao“ hat etwas von mexikanischer Volksmusik – womit doch ein Folkelement gegeben wäre.

Insgesamt also eher ein monumentales Retropop-Album, das sich deutlich von den Folkelementen abwendet und daher für Interessierte über den Folk hinaus von Belang sein könnte. Jene aber können sich auf die umfangreiche Europatour der Dusty Rhodes im Herbst und Winter dieses Jahres freuen.

Trackliste

  1. All One
  2. Blind Lead the Blind
  3. Palace and Stage
  4. Andy
  5. Sorry For Now
  6. W.W.M.D.
  7. Fire in The Sky
  8. Magic Words
  9. The Ballad of Jim and Casey
  10. So Low
  11. Davidians
  12. Quejao

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