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Interview mit Calum und Rory Macdonald (Runrig) Teil 1

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Der Journalist Frank Weiffen hatte am 27.1.2016 in Bochum die Gelegenheit, die beiden Gründungsmitglieder von Runrig, Calum und Rory Macdonald, zu befragen. Er stellte uns für celtic-rock exklusiv das vollständige Interview zur Verfügung. Das finden wir sehr nett und danken ihm herzlich. Hier zunächst der 1. Teil.

Lieber Calum, lieber Rory, Runrig gibt es seit 43 Jahren. Jetzt soll „The Story“ angeblich Euer letztes Studioalbum sein. Mit Verlaub: Das hört sich angesichts dieser langen Zeit und der Umtriebigkeit der Band unglaublich an. Also Hand auf’s Herz: Wann wird es Euch wieder in den Fingern jucken, wie lange werdet Ihr es aushalten ohne ein weiteres Album?

Rory: (lacht) Nein, nein. Diese Entscheidung steht. Aber sie wird uns nicht daran hindern, auch weiterhin Musik aufzunehmen: Singles, EPs, Live-Alben. Nur das Konzept Studioalbum ist für uns jetzt Geschichte.

Aber das Komponieren von Musik gehört zu den Aufgaben und ist die Passion eines Künstlers. Ist es da nicht hart, zu sagen: „Das hier ist das letzte Mal?“

the_storyCalum: Ja, das ist schon in gewisser Weise ein wenig traurig. Wir haben es uns diesbezüglich auch nicht leicht gemacht. Diese Entscheidung fiel nach unserer Tour zum 40. Bandgeburtstag: Das waren so wunderbare Konzerte, bei denen wir noch einmal alle die Songs spielen konnten, die uns und unseren Fans wichtig sind. Das letzte Konzert hat dreieinhalb Stunde gedauert! Und anschließend standen wir da und fragten uns: „Was kann jetzt als Nächstes kommen?“ Der Gedanke war sofort: „Noch eine Platte!“ Also setzen wir uns hin und schrieben Songs. Und während der Arbeit an diesen Songs wurde es immer klarer, dass dies das letzte Mal sein würde. Denn genau dann würde es sich absolut rund anfühlen. Das Album wäre gemeinsam mit unseren Jubiläumskonzerten wie eine Klammer um unsere bisherige Karriere. Und interessant ist, dass uns gerade diese Gewissheit um das letzte Mal uns in die Lage versetzt hat, extrem zielgerichtet und fokussiert zu arbeiten. Das war sehr, sehr inspirierend.

Das hört sich recht überschwänglich an für ein letztes Mal. Somit ist „The Story“ also das beste Album, das es je von Runrig zu hören gab?

Rory: Natürlich! (lacht)

Calum: Klar! Es ist wie immer: Es ist das beste und homogenste Album, das wir je aufnahmen. (lacht)

Rory: Nein, Spaß beiseite: Man kann seine eigene Arbeit nicht beurteilen. Das überlassen wir anderen. Wir erfreuen uns nur daran, an der Platte zu arbeiten und dabei alles zu geben. Mehr können wir nicht tun.

Calum: Richtig. Wir sind einfach viel zu eng dran, um das objektiv beurteilen zu können. So etwas geht – wenn überhaupt – erst nach mehreren Jahren.

Wenn Ihr Euch Eure alten Platten dann noch einmal anhört?

Calum: Ja, so nach fünf, sechs Jahren geht das. Dann hören sich die Songs plötzlich unheimlich frisch an. So, als sei man selber gar nicht so sehr in die Arbeit an ihnen involviert gewesen.

Rory: Das ist, als ob jemand anderes die Songs gespielt hätte. Man beurteilt seine eigene Musik dann nochmal ganz anders.

Na, das ist doch was: Ihr könntet als nächstes Projekt Eure alten Platten nochmal neu einspielen!

Calum: Alle 14 Alben? Na klar! Das wäre mal ein echtes, ein richtig großes Projekt! (lacht)

Wie war er denn für Euch im Studio, dieser Gedanke: „Das ist jetzt der letzte Mix, das letzte Mastern, die letzte Aufnahme“?

Calum: Ach, darüber haben wir gar nicht nachgedacht. Das wäre zu final, zu endgültig gewesen. Denn uns wird es ja auch weiterhin geben und wir werden weiterhin auftreten. Runrig lösen sich ja nicht auf.

Es gab keine Tränen?

Calum: Nein. Gar nicht! No tears – just beers! (lacht)

Das hört sich alles sehr harmonisch an. Und das ist irgendwie typisch Runrig: In 43 Jahren hat man von Euch – trotz Besetzungswechseln, unter anderem auf der Sänger-Position – niemals irgendeinen Streit vernommen. Mal ehrlich: Wann habt Ihr Euch zuletzt mal so richtig gestritten?

Rory: Na: Ständig! (lacht)

Dann erzählt mal!

Calum: Nein, können wir nicht. Denn tatsächlich kam das bei uns so gut wie nie vor. Wenn Du nach Rock’n’Roll suchst, dann bist Du bei Runrig leider an der falschen Adresse. Diesbezüglich sind wir eher langweilig.

Rory: Wir sind nicht die Sex-Drugs-&-Rock’n’Roll-Band. Dieses Liam- und Noel-Ding wie bei Oasis gibt es bei uns nicht. (lacht)

Calum: Dazu hätten wir gar keine Energie.

Was war das Besondere bei der Arbeit an „The Story“?

Calum: Für uns war das der Umstand, dass Brian Hurren, unser Keyboarder, es produziert hat. Das war großartig.

Wir kamt Ihr auf die Idee, ausgerechnet ihn in die Verantwortung zu nehmen?

runrigstorybackCalum: Wir waren anfangs sehr unschlüssig und etwas besorgt, wer die Platte produzieren sollte. Uns allen war schließlich klar, dass „The Story“ ein großes Projekt werden würde und dass das irgendwie angemessen umgesetzt werden müsste. Und irgendwann kam Brian von sich aus auf uns zu und bat uns darum, ihm eine Chance zu geben. Er sagte, er würde das liebend gerne machen und es sehr zu schätzen wissen, wenn wir ihn den Job machen ließen. Er fühle sich bereit dafür. Und wir wiederum wussten, dass er als Produzent großartige Fähigkeiten hat. Er hat seinen eigenen Stil entwickelt. Zudem ist er jünger als wir alle und hat den Blick aus der Sicht einer anderen Generation auf die Arbeit. Wir nahmen zwei, drei Songs unter seiner Anleitung auf, um es auszuprobieren – und am Ende liebte es jeder von uns! Es klang so frisch und unverbraucht! Also sagten wir: „Alles klar! Mach‘ es!“ Brian hat es irgendwie geschafft, aus dem Inneren der Band tatsächlich noch etwas Neues herauszukitzeln. Etwas Modernes. Wir überließen ihm die Initiative und traten alle einen Schritt zurück, damit er seine Fähigkeiten voll einsetzen und seine Ideen einfließen lassen konnte. Und das Ergebnis ist großartig! Es war eine tolle Erfahrung!

Rory: Gegenüber einem Produzenten von außen hat Brian schlichtweg den Vorteil, dass er uns in- und auswendig kennt. Er weiß um unsere Stärken ebenso wie um unsere Schwächen. Er wusste, welche Knöpfe er drücken musste, um das Beste aus uns herauszuholen. Ich persönlich bin beispielsweise unglaublich glücklich darüber, dass ich unter ihm den besten Gesang hingelegt habe, den ich je zu liefern imstande gewesen bin.

Calum: Brian hörte sich zwar auch unsere alten Aufnahmen an, um Elemente daraus zu ziehen und der langen Geschichte der Band gerecht zu werden. Aber gerade weil er so jung ist, hatte er einfach noch einmal einen ganz anderen Blick darauf. Er hat einen wunderbaren Mix aus Traditionellem und Neuem hinbekommen.

Dennoch: Die Wahl eines Bandmitgliedes als Produzent ist ein Risiko und kann auch nach hinten losgehen, denn wenn es nicht klappt, dann ist der Ärger besonders groß…

Calum: Ach weißt Du: Wenn es nicht geklappt hätte, dann hätte es eben nicht geklappt. Das wäre für beide Seiten okay gewesen. Wenn so etwas dagegen bei einem externen Produzenten mit großem Namen passiert, dann kann so etwas tatsächlich zu einem Problem werden. Insofern war die Entscheidung für Brian von Anfang an eine sichere und gute Sache.    

Das sagt Ihr als die beiden Songwriter der Band. Womit ich beim nächsten Stichwort ankomme: Sind die anderen jetzt angesichts des letzten Studioalbums froh, dass die Diktatur der beiden Chefs, der Macdonald – Brüder, vorbei ist?

Calum: (lacht) So ist es!

Rory: (lacht) Sie sind total glücklich und befreit und feiern jetzt die ganze Zeit über!

(zum 2. Teil des Gesprächs)

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