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IONA ~ Another Realm (2011)

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Another Realm
Another Realm

Sphärisch erklingen die ersten Töne des Albums und werden sogleich dem Albumtitel und damit dem konzeptionellen Anspruch ebendiesen gerecht. Die stilistisch durchkomponierte Aufmachung des Doppel-Albums erinnert an das mystische Avalon. Der im Nebel verborgene Ort, bekannt durch die Artussage und eine Reihe moderner Adaptionen, eröffnet sich dem Erkundenden als Ort des Einklangs. Das Frontmotiv von Another Realm offenbart eine beschwertete Dame, die erhaben auf einem Pferd thront, indes Horizont und Himmel in offenbarendem Rot verschmelzen. Und wie das Irdische mit dem Überirdischen in harmonischer Untrennbarkeit sich darbieten, so durchzieht ebendieses graphische Motiv das komplette Booklet.

In optischer Gewandung zeigt sich die fünfköpfige Formation um Front-Frau Joanne Hogg wie folgt:

As It Was erhebt nicht den Anspruch, das tatsächlich Gewesene zu offenbaren, wartet also weder mit historischen Stoffen noch einer adäquaten Instrumentation auf, sondern eröffnet, gleich einer Ouvertüre, die programmmusikähnliche, fast zwei Stunden währende Reise in eine mystische Welt. Aus instrumentaler Sicht fahren die Fünf eine unfassbare Bandbreite an Vielfalt auf. So erklingen, neben den obligatorischen Vocals, Gitarren, Fiddle, Bass und Schlagzeug auch Bouzoukis, bewusst synthetisch eingesetzte Key-Sounds, Glockenspiele, E-Gitarren, eine effektreiche E-Violine, Whistles und ein Dudelsack. Unerwähnt bleiben dabei kleinere Effektinstrumentation und die außerordentliche Palette percussiver Möglichkeiten.

Dabei entfaltet IONA ein kaum zu glaubendes Klangspektrum. Freunden von Loreena McKennitt werden wohlige Schauer über den Rücken laufen, wenn sie sich auf die Doppel-CD-Reise begebenen. Hat besagte Multiinstrumentalistin immer ein ansehnliches Musikerkollektiv hinter sich, so schafft IONA ein ungemein dichtes und dennoch detailliertes Klangbild ohne Zuhilfenahme eines derart großen Instrumentalistenkreises. Erreicht wird dieser Effekt durch ein vielfältiges Wechseln der Instrumente während der Stücke:

Fast jeder Titel des Albums eröffnet mit sphärischen, kaum rhythmisierten Klangtupfern, die sich nach und nach zu gewaltigen Klangflächen ausbreiten. Die glasklare Stimme der Frontdame zeugt nicht nur von angenehmer Eingängigkeit und Charakteristik, sondern offenbart auch ein beträchtlichen Tonumfang. Hinzu kommt eine wohldosierte Zweistimmigkeit, die sich nicht selten mit der Melodieübernahme bspw. des Dudelsacks abwechselt. Ebenso herrlich erklingen die Violinenpassagen, die an einer Stelle durch Natürlichkeit des Klangs überzeugen, andernorts, nebst der technischen Brillanz, mit Effekten spielen und so in Kontrast zum eigenen Urheber treten.

Clouds überrascht mit erstaunlicher Stimmungsvielfalt, die sowohl den abendlichen Kuschelwolken als auch den sommergewitterartigen Wolkenbergen gerecht werden. Es erklingen synthetische Streicher, die vom Piano dominiert werden. So wird aus dem Staccato artigen Piano-Stellen der basstragenden Viersaiter ein aufbrausendes Gestöber von Himmelsfiguren. Unisono-Passagen von E-Gitarre und Glockenspiel, die in wohlfeiler Einstimmigkeit nebeneinander erklingen und einander fehlende Frequenzen ergänzen, brechen aus einem Chorusintermezzo hervor und bahnen sich beinahe gewaltig ihren Weg in die Ohren.

Über die volle Zeit zweier CDs wird der Hörer bei Laune gehalten, was von dem erstaunlichen Ideen- und Abwechslungsreichtum zeugt. Freunde Loreena McKennitts dürften nach dem Kauf der Doppel-Silberlinge reichlich entlohnt werden. Zwar fehlt bisweilen das folkloristische Feuer McKennitts, aber dafür legen die fünf Musiker hier ein Album vor, das Neues bietet, dennoch Altes aufbereitet und jederzeit den Brückenschlag von Überraschung und Wohlgefälligkeit meistert. Wer folkloristischen Pop bzw. popartige Folklore mag, die sich nicht in den bisweilen seichten Gewässern der Corrs bewegt, und zudem auf handgemachte und dennoch synthetische Musik steht, wird dieses Album lieben. Manche Titel werden dem tanzfreudigen Hörer sicherlich etwas langatmig erscheinen. Lässt man sich jedoch auf Another Realm ein, so wird man in eine Welt entführt, von der man beinahe sagen möchte: Verweile doch, du bist so schön.

 

Tracklist

Disc 1

  1. As It Was
  2. The Ancient Wells
  3. Another Realm
  4. Clouds
  5. An Atmosphere of Miracles
  6. When We See Beyond
  7. Intimacy
  8. An Atmosphere of Miracles
  9. Let Your Glory Fall  

 

Disc 2

  1. Ruach
  2. Speak to Me
  3. And the Angels Dance
  4. Foreign Soil
  5. Let the Waters Flow
  6. Savior
  7. The Fearless Ones
  8. White Horse
  9. As It Shall Be

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