Was Diamonds on the Water im letzten Jahr war, könnte dies hier 2015 werden: bestes englisches Folkrockalbum für eine ganze Menge Leute, mich eingeschlossen. Aufmüpfig wie die Whisky Priests, tiefgründig wie Chumbawamba und Mut machend wie die Oysters kommt hier eine tolle Band, die anspricht und mitreißt. Das heute veröffentlichte Ghost in our House ist erst ihr drittes volles Album. Die Band um die Brüder Kettle (Andrew – Gesang, Bob – Mandoline, John – Gitarre) bringt jedoch reichlich Erfahrung mit und ist bestens aufeinander eingespielt. Prägend sind die starken Stimmen, genauer das Duo Virginia Kettle (Ehefrau von John) und ihr Schwager Andrew. Sie tragen die Inhalte der selbst geschriebenen Lieder, die kluge Alltagsbetrachtungen mit einem Schuss Humor anstellen, über Liebe und Verlust sinnieren, aber auch politisch Haltung zeigen.
Dass es …and other stories heißt, ist bei Texten gerechtfertigt, die in der sozialen Realität stehen, einer vergangenen wie auch der gegenwärtigen. Die Refrains besitzen einen Hang zum Hymnischen. Bass (Nick Davies) und Drums (Andy Jones), Keyboards (Lee Goulding) und Fiddle (Neil McCartney) liefern feine Arrangements. Das Booklet der CD enthält alle Texte, und auch die Grafik überzeugt.
Merry Hell sind hörbar in der englischen Folkszene verankert, besitzen aber souveräne Eigenständigkeit und einen wiedererkennbaren Sound. Mit Ghost… sind die Acht aus Nordwestengland definitiv in der international präsentablen Liga angekommen. Ihre in den Neunzigern beginnende Geschichte kann man bei wikipedia (engl.) nachlesen. In ihrer Heimat haben sich Merry Hell bereits als Festivalband einen Namen gemacht. Vielleicht auch bald hier?