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No Man’s Land / Green Fields of France

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Dass dieses berühmte Anti-Kriegs-Lied ein ausgeprägtes Eigenleben führt, beginnt bereits mit dem Titel. Der Schotte Eric Bogle (geb. 1944) schrieb es 1976 nach einem Besuch auf den früheren Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs als No Man’s Land. 

Die Fureys Brothers & Davey Arthur nahmen den Song unter  Green Fields of France auf. Das ist an bestehende ähnliche Titel angelehnt: Green Fields of Canada oder – America. Es weist dem Song damit einen Platz in der irischen Liedtradition zu. Mit ihrer Version waren die Fureys 1979 für 28 Wochen in den irischen Charts und inspirierten zahllose weitere Cover. Die Dropkick Murphys übernahmen den Titel und veröffentlichten den Song 2005 auf The Warrior’s Code.

Willie McBride ist ein weiterer benutzter Titel. Der Name des Protagonisten legt nahe, dass der mit 19 Jahren getötete Soldat aus Irland stammte. Der Text schildert einen Besuch an seinem Grabstein, bei dem der Verfasser in einen Dialog mit dem Verstorbenen tritt und sich den Tod und das Begräbnis des jungen Mannes lebhaft vor Augen führt. Dass die jungen Männer zunächst mit Enthusiasmus in den Krieg zogen, ist für beide Seiten belegt. Vielfach gab es die im Lied zitierte Hoffnung, dass dieser Krieg alle weiteren beenden würde.

Hier eine live-Aufnahme aus Irland von 2016 :

https://www.youtube.com/watch?v=AEiR1P46gSc

Entstehung

Hier berichtet Bogle von dem Besuch in Nordfrankreich, der ihn inspirierte. No Man’s Land ist nicht Bogles einziges Lied, das den 1. Weltkrieg zum Thema hat. The Band Played Waltzing Mathilda erzählt aus der Sicht eines verwundeten australischen Veteranen und wurde u.a. von den Pogues gecovert. Inzwischen sind die beiden Songs so weit verbreitet, dass viele sie für traditionell halten und meinen, sie stammten ebenfalls aus der Zeit vor hundert Jahren. (TV-Interview) Aktueller wäre seinerzeit ein Song über den Vietnamkrieg gewesen, aber Bogle entschied sich bewusst für Europa und eine Situation, zu der sich leichter ein Bezug finden lässt. „Vietnam hätten die Leute doch gar nicht auf einer Karte gefunden“, meinte er. Er hat übrigens eine Menge weiterer, auch humoristische, Songs verfasst.

Inhalt

Der Verfasser macht sich Gedanken über die Art, wie der junge Soldat wohl gestorben ist. Außerdem übelegt er, wen der Gefreite McBride wohl zu Hause zurückließ, ob sich jemand seiner erinnerte. Der Autor zieht das gnädige Tuch des Vergessens von den grauenhaften Verletzungen und Verstümmelungen, den Gasangriffen, der ganzen Brutalität, die den ersten „modernen“ Massen-Krieg kennzeichneten.
Eric Bogle lässt keinen Zweifel an seiner kritischen Einstellung, indem er es nicht mit dem Betrauern der Verstorbenen bewenden lässt. Er bestreitet die Eignung von Kriegen als Mittel der Konfliktlösung grundsätzlich: “War is still the most futile pursuit humankind engages in and until they stop doing it I’ll keep writing songs about it.”, sagte er 1989 in einem Interview. Der vollständige Liedtext steht mit Anmerkungen auf mysongbook.

Refrain

Der Refrain beschreibt ein Beerdigungsritual mit dem Lied Flowers of the Forest. Es stammt aus Schottland. Die Melodie geht auf ein Manuskript aus dem 17. Jahrhundert zurück und wird auch heute noch bei Gottesdiensten zum Remembrance Day gespielt.

Did they beat the drums slowly
Did they sound the fife lowly
Did the rifles fire o’er you
As they lowered you down
Did the bugles sing the Last Post and Chorus
Did the pipes play The Floo’ers of the Forest

Veränderungen am Text

Anlass für Konflikte bietet vor allem die letzte Strophe, die feststellt, dass aus dem sinnlosen, massenhaften Menschenopfer nicht die nötigen Konsequenzen gezogen wurden.

 Well, I can’t help but wonder now, Willie McBride,
 Do all those who lie here know why they died?
 Did you really believe them when they told you the cause?
 Did you really believe this war would end all wars?
 
 Well, the suffering, the sorrow, the glory, the shame,
 The killing, the dying, it was all done in vain.
 For Willie McBride, it all happened again,
 And again, and again, and again, and again.

Natürlich wurde das Lied nicht immer buchstabengetreu nachgesungen. Bereits die Fureys nahmen Veränderungen am Text vor.  Einen Sturm der Empörung löste allerdings 2014 in Großbritannien die Pop-Fassung von Sängerin Joss Stone aus, so dass sich Bogle genötigt sah, von seinem Wohnsitz in Australien aus im Guardian Stellung zu nehmen. Ihn stört neben dem Arrangement vor allem, dass zwei der vier Strophen und damit auch das politische Statement ausgelassen wurden. Bemerkenswert an der Sache ist auch, dass die Single von der Veteranenorganisation Royal British Legion für ihre Spendensammlung eingesetzt und damit vereinnahmt wurde.
Im englischen Sprachraum sind, ein weiteres Zeichen der Bekanntheit, zahlreiche Parodien unterwegs, die aber nicht unbedingt von Respektlosigkeit zeugen.

Deutsche Fassung

 In Deutschland wurde ab 1980 Hannes Waders Übertragung Es ist an der Zeit sehr bekannt, die Bogles kritische Intention weiter zuspitzt:

Ja, auch dich haben sie schon genauso belogen,
so wie sie es mit uns heute immer noch tun.
Und du hast ihnen alles gegeben
– deine Kraft, deine Jugend, dein Leben.

2003 stimmten Wader, Reinhard Mey und Konstantin Wecker das Lied in Berlin gemeinsam auf einer großen Demo gegen den Krieg im Irak an. Bei Wader bleibt der Tote allerdings anonym.

Beziehung zu Irland

Es gab allerdings auch einen konkreten Bezug: laut Irish Times hat Bogle den Namen Willie McBride mit einer bestimmten Absicht gewählt. Anlass waren die anti-irischen Emotionen in den 1970ern, die den Bombenanschlägen der IRA in Birmingham und Guildford folgten. Dadurch, dass Bogle durch seinen Willie McBride das englische Stereotyp „Tommy Atkins“ ersetzt, erinnert er auch daran, dass Tausende von jungen Iren im Dienst des britischen Empire vor hundert Jahren ihr Leben ließen. Laut Wikipedia kämpften über 200 000 Iren im 1. Weltkrieg – nicht nur, aber überwiegend auf der britischen Seite. Es starben 49 000, gemessen an der Bevölkerungszahl ein massiver Aderlass. Dieser Bezug wurde vielfach übersehen, erklärt aber teilweise die enorme Popularität des Songs in Irland. (Fotos: küc, Museum von Galway)

Grabstein 

Welches ist jetzt der originale Willie McBride? Eigentlich eine müßige Frage angesichts der Unzahl von Toten. Es gibt das Grab eines 21-Jährigen in Authuille, die Kriegsgräber-Verwaltung listet aber noch eine Reihe weitere W.‘s oder Williams auf. Eric Bogle selbst hatte, wie er sagt, keine bestimmte Person vor Augen. Vielleicht passte einfach der Reim auf „graveside“. Der Grabstein mit dem bewussten Namen steht außerdem vielleicht gar nicht in Frankreich. Wie Sänger Hamish Imlach einmal erzählte, habe Bogle den Namen auf einem Soldatenfriedhof bei Münster gesehen und den Song dort in der Nähe, nämlich in Nottuln, geschrieben. An der Aussage ändert sich dadurch allerdings – gar nichts.

But here in this graveyard it’s still no man’s land
The countless white crosses in mute witness stand
To man’s blind indifference to his fellow man
And a whole generation that were butchered and damned.

Eric Bogle bei Wikipedia

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