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Roving Crows ~ Deliberate Distractions (2013)

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Deliberate Distractions
Deliberate Distractions

Ein Jahr ist es her, seitdem ROVING CROWS zuletzt mit Bacchanalia eine Heimmusikinszenierung auf die Theken der Folkgemeinschaft gebracht und mit ihrem Gypsy-Folk überzeugt haben.  Nun melden sie sich mit Deliberate Distractions zurück und lenken, dem Namen entsprechend, gehörig und in voller Absicht von allerlei ab, vor allem jedoch einem: Stiltristesse.

Der Opener, Journeyman’s Blues, der vom Sturm der Küste umweht, einen Unisono-Männerchor, der sich wehmütig gen Heimat zu seufzen scheint, in bester Seemannsmanier erklingen lässt, wird der Erwartung des Ungewohnten vom ersten Vibrieren der Membranen gerecht. Indes der Chor sich in der akustischen Ferne verliert, eröffnet das Quintett den musikalischen Reigen. Die Gitarre hackt im Off-Beat, die Fiddle umspielt in freien Improvisationen und Doppelnotensehnsuchtslargo und die erste Stimme erobert sich über dem ewiglich mitschwingenden Shanty-Chor ihren rechtmäßigen Platz. Und während noch die Vokalleistungen miteinander ringen, brechen Schlagzeug und Bass, durch ihren Einsatz, die Dominanzstreitigkeiten – und räumen der stolzen Trompete ihren Platz in diesem Refugium ein.

Eine illustre Anhalterin, die dem zweiten Titel ihren Namen geliehen hat, geht ebenso ins Ohrtanzbein und überzeugt, wie auch das Vorgängeralbum, vor allem durch die Symbiose technischen virtuosen Spiels und intuitiver Mitmachmusik. So umspielen sich Fiddle und Trompete im instrumentalen Intermezzo in gutbewährten Terzen, indes sich der Bass durch die Takte walkt. Markant und dennoch angenehm unaufgesetzt nuschelt sich die erste Stimme durch die Strophen, um anschließend in einem lautmalerischen „Lalalala“ aufzugehen.

Weather, der dritte Titel des Albums, bricht mit dem Wohlklang und der vokalen Einstimmigkeit. Psychodelisch hypnotisieren sich die Verse ins musische Gemüt, während sich die Stimme Caitlins, der einzigen Dame der Formation, echoend durch den Refrain bahnt und im geordneten Delay-Durcheinander mit den männlichen Stimmen ihre Symbiose sucht.

Der vierte Track, Nancy Valentine, erobert sich den Status der Tanzbarkeit wieder zurück, verzichtet jedoch niemals auf die trauernd schluchzenden Geigenzwischenspiele. Bei R“ überzeugen die fünf Musiker durch die Kunst des bescheidenen Hintergrundgesangs und verlieren sich mit O“ neuerlich in einem melancholischen Titel.

So jagt Deliberate Distractions seine Hörer durch ein stetes Auf und Ab der musischen Gefühle, das ebenso intuitiv wie alltäglich zu sein scheint, zieht in seinen trauernden Bann, euphorisiert kurz darauf wieder zu Tanzwut und übersieht bewusst Genregrenzen zwischen Gypsy, Klezma und Irish Folk. Anders als sein Vorgänger traut sich der 2013er-Silberling jedoch an den bannenden Sog kurzer dissonanter Ausbrüche, überwindet ebendiese und kulminiert mit ungeahnter Wucht, die man einem Quintett bisweilen nicht zu unterstellen wagt, in ungehemmter Freude. Ein brillantes Album, das es schafft, die strukturelle Kraft der Ruhe zu nutzen, um dieser immer und immer wieder zu entrinnen.

Trackliste

  1. Journeyman’s Blues
  2. The Hitchhiker
  3. Weather
  4. Nancy Valentine
  5. Rollin’ Home
  6. One Day
  7. Guns
  8. God On Demand
  9. Big Man
  10. Familiar Man

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