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The Black Velvet Band

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Hübsches Mädchen stürzt jungen Mann ins Verderben – ein beliebtes Motiv.

In unserem Lied trifft der Kaufmannslehrling eine Schöne, die mit ihm durch die Stadt flaniert bzw. in der Kneipe sitzt. Das Mädchen mit den strahlenden Augen hat aber ganz andere Absichten als er glaubt: Sie klaut einem Passanten die goldene Uhr und lässt sie schnell in die Hand ihres Verehrers gleiten. Dann sorgt sie dafür, dass er festgenommen wird. Das Gericht glaubt dem hereingelegten Jungen natürlich kein Wort und verurteilt ihn zu sieben Jahren „Strafdienst“ in Australien. Im Nachhinein kann er nur noch die gesungene Warnung vor dem Mädchen mit dem samtenen Haarband an die Zuhörerschaft übermitteln.

Die Geschichte vom Samtband spielt mal in Belfast, mal in Tralee oder im Londoner Ortsteil Barking; die Vielzahl der Versionen spricht für eine weite Verbreitung. In den USA kursiert eine andersfarbige Variante, Hank Snow oder Bill Monroe singen vom Blue Velvet Band. Der erzählende Aufbau und der „warnende Zeigefinger“ in der letzten Strophe erinnern an alte Balladen. Vermutlich wurde der Refrain erst vor rund 100 Jahren hinzugefügt, um das Lied fürs Publikum ansprechender zu machen.

Text (Version der Dubliners)

Her eyes they shone like diamonds
I thought her the queen of the land
And her hair it hung over her shoulder
Tied up with a black velvet band

In a neat little town they call Belfast apprentice to trade I was bound
And many an hour of sweet happiness have I spent in that neat little town
A sad misfortune came over me which caused me to stray from the land
Far away from my friends and relations betrayed by the black velvet band

I took a stroll down Broadway meaning not long for to stay
When whom should I meet but this pretty fair maid come a-traipsing along the highway
She was both fair and handsome, her neck it was just like a swan
And her hair it hung over her shoulder tied up with a black velvet band

I took a stroll with this pretty fair maid, and a gentleman passing us by
I knew she meant the doing of him by the look in her roguish black eye
A gold watch she took from his pocket and placed it right into my hand
And the very first thing that I said was, Bad cess to the black velvet band

Before the judge and the jury next morning I had to appear
The judge he says to me, Young man, your case it is proven clear
We’ll give you seven years penal servitude to be spent far away from the land
Far away from your friends and relations, betrayed by the black velvet band

So come all ye jolly young fellows, a warning take by me
When you’re out on the town me lads, beware of the pretty colleens
They’ll feed you with strong drink me lads, till you are unable to stand
And the very first thing that you know is, you’ve landed in Van Diemen’s Land

Hintergrund

Botany Bay oder Van Diemen’s Land tauchen in zahlreichen – auch neueren – Liedern auf, die den Verlust von Heimat und Angehörigen oder die Gefahren der langen Überfahrt  zum Thema haben. (Fields of Athenry , Back Home in Derry). Eine Ausweisung mit Zwangsarbeit war für die Untertanen der britischen Krone 250 Jahre lang eine ziemlich reale Bedrohung. Der Export von Straffälligen aus dem Vereinigten Königreich in die überseeischen Kolonien hatte solche Ausmaße, dass dies erzwungene Massenexil in der europäischen Geschichte ziemlich einmalig dasteht.

Bereits vor 1620 begannen die Briten, zum Tode Verurteilte als „Gnadenakt“ nicht hinzurichten, sondern in die nordamerikanischen Kolonien zu transportieren. Betroffen waren gerade auch irische und schottische Rebellen quasi als Kriegsgefangene. Bis zur amerikanischen Unabhängigkeit 1776 wurden etwa 50 000 Menschen dorthin geschafft und vielfach als Sklaven in die Südstaaten verkauft.

Dank James Cooks Entdeckungsreisen war danach Australien an der Reihe, ab 1788 mit der Strafkolonie Botany Bay (heute Teil von Sydney). 1830 wurde sie von Van Diemen’s Land abgelöst. Die Sträflinge mussten unter übelsten Bedingungen arbeiten, entweder in staatlichen Maßnahmen wie dem Straßenbau oder bei Siedlern in in der Landwirtschaft. Sie waren zwar keine Sklaven – bei Disziplinierungsmaßnahmen musste formal die Kirche zustimmen – ihr Status war aber eher der von Leibeigenen. Ein 14 bis 18 Std.-Tag und Prügel waren normal. Irische Rebellen zettelten 1804 einenAufstand an, der rasch niedergeschlagen wurde.

Die Überfüllung der englischen Gefängnisse und der Arbeitskräftebedarf in den Kolonien ergänzten sich auf makabere Weise. Ende des 18. Jhdts. gab es mehr als 200 Vergehen, auf die der Galgen bzw. Exil mit Zwangsarbeit standen, meist Eigentumsdelikte. Bereits für den Diebstahl von Brot oder für Wilderei konnte das Urteil auf „transportation“ lauten. Verhängt wurden in der Regel 7 Jahre, 14 Jahre oder lebenslänglich. Bei guter Führung konnte man vorzeitig frei kommen, aber nur eine Minderheit kehrte nach der Verbüßung ihrer Strafe ins Heimatland zurück. Den Frauen, rund ein Fünftel der Sträflinge, wurde Haus- und Familienarbeit zugewiesen. Die jüngste nach Australien Deportierte war erst elf Jahre alt.

Die behauptete abschreckende Wirkung war kaum festzustellen. Dafür war vielfach die Armut zu groß, etwa zur Zeit der Hungersnöte nach 1840. Auch die Entwurzelung und Verelendung durch die industrielle Revolution spielten eine Rolle.

Die Zustände besserten sich erst ganz allmählich. Am Ende wurden nur noch jüngere und fitte Gefangene mit guter Sozialprognose als potentielle Siedler verschickt. Die Australier hatten angefangen, sich energisch gegen den nicht abreißenden Zustrom zu wehren. Bis zum Ende der Gefangenentransporte 1868 waren je nach Schätzung 75 000 bis 180 000 Menschen auf diese Weise nach Australien gelangt. Der Goldrausch in den 1850er Jahren war Grund für freiwilligen Zuzug. Die Bewohner der früheren Sträflingskolonie vor der australischen Südküste sorgten baldmöglichst dafür, dass ihre Insel heute Tasmanien und nicht mehr Van Diemen’s Land heißt.

Melodie

Die Melodie im schwungvollen Dreiertakt ist mindestens 200 Jahre alt. Dies kann man aus ihrem Namen The Tars of the Blanch schließen, der auf ein Schiff aus den napoleonischen Kriegen zurückgeht. Die Zuordnung stammt von dem gedruckten Flugblatt, mit dem das Lied einst auf den Straßen verkauft wurde.

Aufnahmen

Die Dubliners erreichten mit dem Lied 1967 Platz 16 der britischen Singles-Hitparade.

http://youtube.com/watch?v=V3dhLmDYVBY

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Luke Kelly es von Ewan McColl lernte, der es ebenfalls aufnahm. Die Dropkick Murpys veröffentlichten B.V.B. auf ihrem Album Blackout 2003.

http://youtube.com/watch?v=BsjqRqMCWoY

Die Fotos aus Tasmanien stellte Manfred Wingels zur Verfügung. Herzlichen Dank!

Alle Lieder aus dieser Serie gibt es in unserem Youtube-Channel in der Playliste ‚Story behind the Song’.


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