„My parents jammed with the Waterboys“ – von der Arena in den Pub…
Hintergrund und persönliche Nebeninformationen
Mir kommt die besondere Ehre zuteil, einen Artikel über die neuerschienen Re-Issues (Collectors Edition) der beiden Alben „Fisherman’s Blues“ und „Room to Roam“, der schottischen Band The Waterboys zu schreiben; zwei Alben, die neben den ersten drei Pogues Scheiben, zur Gründung von meiner Band In Search Of A Rose beigetragen haben.
Mike Scott, Kopf und Herz der Band, schlug der Ruhm der erfolgreichen Achtziger zu Kopf und so zog er sich zurück nach Irland und kam zufällig ins beschauliche Spiddal, um von seiner Alkohol- und Drogensucht loszukommen.
Beide Alben wurden in dem wunderschönen Anwesen „Spiddal House“ in Spiddal bei Galway, mit riesigem, verwilderten Garten und Ausblick auf die Bucht mit Hilfe eines mobilen Studios aufgenommen.
Man hat zunächst mit lokalen Musikern in Hughes’s Bar oft bis tief in die Nacht hinein gejammt, die man dann gleich als Gastmusiker verpflichtete oder man hat direkt die Sessions aufgenommen und in die Alben geschickt eingebaut.
Als junge Teenager haben wir (Rudi, Ebl und ich) uns im Frühling 1993 aufgemacht, durch Irland zu trampen, um u.a. die Insider Pilgerstätte Spiddal zu finden und den Geist von Spiddal House aufzuspüren. Vor Ort haben wir von diversen Einheimischen erfahren, was es mit dem Haus auf sich hat. Zu dem Zeitpunkt wohnte dort eine alte Dame, die das Haus auch den Waterboys für ihre Aufnahmen überlassen hat, die allerdings auch mal mit dem Gewehr schießt, wenn sich neugierige Leute auf dem Privatanwesen herumtreiben. Später kaufte es eine Plattenfirma und dann ließ man es leider einfach verkommen, da sich auch Mike Scott immer weniger in Spiddal blicken lies. Als ich 2005 das letzte mal dort war, hat sich zusätzlich auch ein Generationenwechsel vollzogen. In Hughes’s Bar gab es zufällig eine Wiedersehensparty mit lokalen Twens, die auch uns einluden, mitzufeiern. Irgendwann erzählte mir der junge Besitzer eines Pubs auf Lanzarote: „My parents jammed with the Waterboys“ und da war mir klar, dass die Waterboys endgültig hier Geschichte sind. Doch nun zu den beiden Meisterwerken…
Fisherman’s Blues (1988)
„Red Army Blues“, „The Whole of the Moon“ oder „Don’t bang the Drum“ haben die Waterboys in den Achtziger Jahren weltbekannt gemacht. Mike Scotts einfühlsame Stimme war auf allen Radiostationen und Studentenparties zu hören.
Mit „Fisherman’s Blues“ entdeckte Mike Scott den traditionellen Folk der grünen Insel und baute ihn neben Country Einflüssen geschickt in seine Popsongs ein. Neue Musiker wie Ausnahmegeiger Steve Wickham setzen auf diesem Album die Akzente.
Der Opener und Titelsong des Albums wird bis heute noch auf den Bühnen der Welt von Bands wie den „Biblecode Sundays“, „In Search Of A Rose“ und zahlreichen anderen Irish Folk inspirierten Bands gecovert oder in den Irish Pub Jukeboxen auf der ganzen Welt gespielt. Inhaltlich geht es um den unerfüllten Traum des einfachen Fischers, der angeblich das bessere Leben hat; eine Befreiung von alten Lasten. Zusätzlich widmete Mike Scott den Song Greenpeace.
Bei „We will not be Lovers“, eine Abrechnung an eine alte Liebe, die ihm den Rücken gekehrt hat, dröhnt ein knurriger Bass, die Geige fungiert hier eher rhythmisch und ein emotionaler Gesang machen dieses Lied zu einer schwerverdaulichen Hymne für gebrochene Herzen.
„World Party“ ist musikalisch die Brücke zwischen den alten poppigen Waterboys und den neuen Folkigen.
Die Ballade „Sweet Thing“ist eine zum Ende hin fast improvisierte, schöne Coverversion von Van Morrisson.
Die Single „A Bang on the Ear“, ein irischer Ausdruck für ein Küsschen auf Wange, beschreibt eine alte Liebe, konnte sich aber charttechnisch nicht platzieren.
Höhepunkte der zweiten Hälfte und des Albums überhaupt sind das irisch traditionelle „When will we be married“, die Ballade „When ye go away“ mit dem eingebauten „River Road Reel“ und das zerbrechliche Finale, „The Stolen Child“, eine vertonte Interpretation des Gedichts des irischen Poeten William Butler Yeats, bei der sich Tomás Mac Eoin und Mike Scott gesanglich abwechseln und die irische Flute alles musikalisch zusammenhält.
Room to Roam (1990)
Mit „Room to Roam“ setzen Mike Scott und seine neu besetzten Waterboys die Reise ins Richtung Folk fort und es werden noch häufiger traditionelle Jigs und Reels oder Balladen präsentiert.
Insgesamt ist das Album verspielter und es werden mehr Instrumente aus verschiedenen Musikstilen verwendet aber es fehlt auch am Ende etwas der rote Faden.
„Room to Roam“ beginnt mit der bescheidenen, legendären Ballade „In Search Of A Rose“.
„A Man is in Love“, eine musikalische Liebeserklärung und der sich anschließende Jig „Calliope House“ sind ebenfalls Klassiker.
Bei „Natural Bridge Blues“, „Room to Roam“ und „Spring comes to Spiddal“ werden Bläserinstrumente im Big- oder Marching Band Stil eingesetzt und die musikalische Verspieltheit der Band findet hier sicherlich ihren Höhepunkt.
Eine Vermenschlichung von Großbritannien und Irland beschreibt das Lied „Islandman“.
Ein weiterer Höhepunkt des Albums, wenn auch nicht wirklich neu erfunden, ist das traditionelle „The Raggle Taggle Gypsy“, das die wahre Geschichte einer Affäre aus dem 17. Jahrhundert erzählt. Musikalisch abwechslungsreich und ein treibender Groove neben der Grundmelodie, die einfach nicht mehr aus dem Ohr weichen will.
Gastmusikerin auf dem Album ist die talentierte Sharon Shannon am Knopfakkordeon, die u.a. „The Trip to Broadford“ zum Album beisteuert.
Mit „Room to Roam“ endet eine Ära, die leider viel zu schnell endete, die aber zahlreiche Erben hervorbrachte, die bis heute dafür sorgen, dass die Waterboys immer wieder auch mit Irish Folkrock in Verbindung gebracht werden und sich die Scheiben prächtig in der Szene verkaufen. Beide Alben gehören definitiv in jede Sammlung von Liebhabern irischer Musik.
Fisherman’s Blues Disk 1
- Fisherman’s blues
- We will not be lovers
- Strange boat
- World party
- Sweet thing
- Jimmy Hickey’s waltz
- And a bang on the ear
- Has anybody here seen Hank?
- When will we be married?
- When ye go away
- Dunford’s fancy
- The stolen child
- This land is your land
Fisherman’s Blues Disk 2
- Carolan’s welcome
- Killing my heart
- You in the sky
- When will we be married?
- Nobody ‚cept you
- Fisherman’s blues
- Girl of the North Country
- Lonesome and a long way from home
- If I can’t have you
- Rattle bones and shiver my soul
- Let me feel holy again
- Meet me at the station
- The good ship Sirius
- Soon as I get home
Room to Roam Disk 1
- In search of a rose
- Song from the end of the world
- A man is in love / Calliope house
- Bigger picture
- Natural bridge blues
- Something that is gone
- The star and the sea
- A life of Sundays
- Islandman
- The raggle taggle gypsy
- How long will I love you?
- Upon the wind and waves
- Spring comes to spiddal
- The trip to broadford
- Further up, further in
- Room to roam
- The kings of Kerry
Room to Roam Disk 2
- In search of a rose (Full band)
- My morag (The exile’s dream)
- A man is in love / Calliope house (Alternate)
- The wyndy wyndy road
- Three ships
- Sunny sailor boy
- Sponsored pedal pusher’s blues
- The wayward wind
- Danny Murphy / Florence
- The raggle taggle gypsy (Live)
- Custer’s blues (Live)
- Twa recruitin‘ sergeants (live)
- A reel and a stomp in the kitchen
- Down by the sally gardens
- A strathspey in the rain at dawn
- A song for the life
- The kings of Kerry (Outdoor)
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