Die passende Musik zum Frühling: leicht, beschwingt und vital. Am ersten Montag im Wonnemonat Mai erscheint dieses Album auch in Deutschland; ein Gewinn für keltophile Freunde akustischer Musik. Ich hatte das Vergnügen, The Outside Track bereits 2009 live zu erleben. Seitdem haben sie ihre Stärken und den spezifischen Bandsound ausgebaut. Die 2006 gegründete Gruppe ist weiter zusammengewachsen. Ihr drittes Album verbreitet eine positive Ausstrahlung, die auch nach vielfachem Abspielen keine Abnutzungserscheinungen entstehen lässt.
The Outside Track unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht von den üblichen Bands. Die 4 : 1 – Quote ist hier umgedreht: vier Frauen, ein Mann. Die Fünf stammen aus drei unterschiedlichen Ländern: Schottland, Irland und Kanada. Dementsprechend souverän ignorieren sie geographische Barrieren. Rund die Hälfte der Tracks besteht aus multinationalen Tunesets, wobei speziell die Überlieferung der kanadischen Provinz Cape Breton zu Ehren kommt.
Die Besetzung hat sich seit den Anfängen an der University of Limerick auf den Positionen Fiddle und Gitarre verändert und sieht jetzt so aus:
Fiddle – Mairi Rankin (CAN)
Lead Vocals, Flute, Whistles – Norah Rendell (CAN)
Akkordeon – Fiona Black (SCO)
Harfe – Ailie Robertson (SCO)
Gitarre – Cillian O’Dalaigh (IRL)
Sowohl gesanglich – alle singen! – wie auch instrumental sind sie internationale Klasse. Trotz weiterer hörbarer Einflüsse ist das Klangbild recht traditionell orientiert. Die Harmonien sind eingängig und lenken nicht ab. Das Instrumentarium bleibt überschaubar, wobei speziell das zupackende Harfenspiel auffällt. Die musikalische Vielfarbigkeit stammt von den intelligenten Arrangements, aber auch von der Spielweise. Die MusikerInnen arbeiten mit feinen Phrasierungen und Variationen, fügen eigene Melodielinien ein und zeigen ihre Könnerschaft ohne simple Showeffekte. Auch die Melodieinstrumente werden eingesetzt, um rhythmischen Druck zu erzeugen. Marsch-ähnliche Strathspeys mit starker schottischer Note und irische Reels fließen ineinander, etwa bei dem Set The Transatlantic. Die Tunesets dauern meist um die sechs Minuten, verlieren aber nie ihre Spannung. Großartig.
Bei den Themen der Lieder ist die weibliche Perspektive dominierend. Das Titelstück Flash Company ist die Klage einer älteren Frau, die im Rückblick ihren eher lockeren Lebenswandel für ihre Armut verantwortlich macht. Das Lied wurde von June Tabor und Norma Waterson, zwei herausragenden englischen Sängerinnen, popularisiert. Wohltuend, dass sich The Outside Track hier auf die englische Folktradition beziehen, ohne das gängige Vorurteil zu reproduzieren, was aus England kommt, könne nur schlecht sein. Ähnlich verhält es sich mit False Knight on the Road. Die Band hat die Ballade vom hinterhältigen Ritter zwar von irischen Aufnahmen gelernt, es scheint aber deutlich die bekannte Version von Steeleye Span durch, die Maddy Prior in den Siebzigern gesungen hat. Hier kann man gut die Herangehensweise der Band studieren: mittelschnelle Songs bekommen Instrumentalbegleitung im doppelten Tempo unterlegt, Mairi Rankin baut gern mal einen Reel ein, schließlich schreibt sie ihre eigenen. Hin und wieder verstärken Gastmusiker mit Kontrabass und diversem Schlagwerk den Groove. So klingt auch ein weiteres englisches Lied, The Whitby Maid, frisch und humorvoll. Eher besinnlich The Hawk and the Crow und Mountain Road. Berührend der Song über eine Teenager – Schwangerschaft, der von überallher stammen könnte: Inisvaddy Annie. Norah Rendell singt ihn zart, und die wechselnden Gesangsharmonien spiegeln die unterschiedlichen Gefühle. Auch bei eher dunklen Themen hat die Düsternis musikalisch keine Chance, wer Melancholie pflegen möchte, ist woanders besser bedient.
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass der Gesang teilweise Corrs-ähnlich ins Poppige geht, aber das wird vielen den Zugang zu den Liedern erleichtern.
Das Booklet enthält alle Tunes und Texte sowie Hinweise zur Herkunft und hübsche Zeichnungen aus der gleichen Serie wie das Cover-Bild.
Trackliste
- False Knight on the Road
- The Body Parts Set
- Flash Company
- The Testimonial
- Le Petit Sarny
- The Hawk & The Crow
- Fishcakes & Brandy
- The Whitby Maid
- Inisvaddy Annie
- The Transatlantic
- The Mountain Road
The Outside Track sind im Herbst mit dem Irish Folk Festival hierzulande auf Tour.
Kürzlich hat Norah Rendell nach der Geburt ihres Sohnens ihren Rückzug aus der Band angekündigt. Sie wird von Aoife Black ersetzt (Nichte der Sängerin Mary Black).
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