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The Wild Rover

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The Wild Rover ist ein irisches Trinklied.“ Verzeihung, aber dieser Satz stimmt nur auf die Gegenwart bezogen. Historisch ist diese Erkennungsmelodie des „Irish Folk“ weder das Eine noch das Andere. Wikipedia zitiert einen Professor mit der Meinung, es handele sich um ein Lied schottischer Abstinenzler aus dem frühen 19. Jahrhundert, das nach Amerika gelangt sei. Wenn man an die Puritaner und die spätere Prohibition denkt, mag das einleuchten, es widerspricht aber der heutigen Verwendung des Liedes komplett. Ja was denn nun – für oder gegen den Alkohol?

 Text 

I’ve been a wild rover for many a year
And I spent all my money on whiskey and beer,
And now I’m returning with gold in great store
And I never will play the wild rover no more.

Chorus: And it’s no, nay, never,
No nay never no more,
Will I play the wild rover
No never no more.

I went to an ale-house I used to frequent
And I told the landlady my money was spent.
I asked her for credit, she answered me „nay
Such a custom as yours I could have any day.“

I took from my pocket ten sovereigns bright
And the landlady’s eyes opened wide with delight.
She said „I have whiskey and wines of the best
And the words that I spoke sure were only in jest.“

I’ll go home to my parents, confess what I’ve done
And I’ll ask them to pardon their prodigal son.
And if they caress (forgive) me as ofttimes before
Sure I never will play the wild rover no more.

(Fassung der Clancy Brothers)

 Jemand schwört dem Leben als Trinker und Herumtreiber ab, obwohl er einen schönen Batzen Geld in der Tasche hat. Was bewirkt solchen Sinneswandel? Die Einsicht, dass die Freundlichkeit der Menschen ach so oft von den Bargeldvorräten ihres Gegenübers abhängt.

In Kürze: Trinker will anschreiben lassen, Wirtin weigert sich. Er zieht Goldtaler aus der Tasche, Wirtin bereut ihre Worte und will vom Besten auffahren lassen. Der Gast beschließt daraufhin, ganz wie der verlorene Sohn aus der Bibel, reumütig zu seinen Eltern heimzukehren und deren Vergebung zu erbitten. Nicht unbedingt glaubwürdig, oder? Ich denke, der Text war wirklich einmal ernst gemeint. In der geläufigen Version nimmt allerdings der überzeugte Trinker die Spaßbremsen und ihre guten Ratschläge auf die Schippe.

Verwandte Texte

 Hübsch ist eine weitere Strophe, die sich an die Wirtin richtet. Mit dem Geld, was der Sänger in der Kneipe gelassen hat, hätte er sein Land einsäen, die Dächer decken und eine Scheune bauen können, ja wenn…

 If I had all the money, I have placed in your care,
It would till all my lands and, my family rear,
It would thatch all my houses. It would build me a barn.
It would buy me a coat for to keep my back warm.

 Höre ich da Reue heraus? Nicht unbedingt.

 Den Plot – ein Mann wird von Frauen schäbig behandelt, bis er seinen Reichtum beweist  – gibt es in weiteren Fassungen.
 Im Saucy Sailor ist es ein Seemann, der nach langer Fahrt zurückkommt und um ein Mädchen wirbt. Sie findet, dass er nach Teer stinkt – bis er Silber aus der Tasche zieht und sie ihn plötzlich doch heiraten will.  

Beim Green Bed werden nicht nur Essen und Trinken, sondern auch die Liebesdienste der Tochter angeboten:

 At the jingle of his money, young Molly flew downstairs.
She huddled him and cuddled him and called him her dear.
„The green bed is empty, and has been all week,
Where you and young Molly can take your sweet sleep.”

 In allen Fällen wird wenigstens als Lippenbekenntnis den Genüssen entsagt – in einer australischen Fassung auch zwangsweise:

 So now I’m a prisoner to „Nugget“ was sent
On a bed of cold straw to lie and lament
At last I have got what so long I looked for
I’ve been a wild boy but I’ll be so no more

 Mit „Nugget“ ist sicher Newgate Prison in London gemeint, wo der Held jetzt als Gefangener  das abstinente Leben üben kann.

 Geschichte

Bereits um 1682 druckte ein Thomas Lanfiere dies hier:

I have been a bad Husband this full fifteen year,
And have spent many pounds in good ale and strong beer:
I have Ranted in Ale-houses day after day,
And wasted my time and my Money away:
But now I’le beware, and have a great care,
Lest at the last Poverty falls to my share:
For now I will lay up my Money in store,
And I never will play the bad Husband ne more.

(Mit “husband” war früher Landwirt, Haushaltsvorstand gemeint).

 Vermutlich sollte das Lied mit didaktischer Absicht einen sozialen und moralisch einwandfreien Lebenswandel fördern.
Rund 150 Jahre später hat das Lieder-Flugblatt hat einen Refrain, wie das Faksimile aus der Bodleian Library zeigt. Wild rover, wild rover, wild rover no more..

 Dass das Lied erst im 19. Jahrhundert entstand, halte ich für unwahrscheinlich. Dafür gibt es zu viele Verknüpfungen mit älteren, ähnlichen Liedern. Unbestritten ist die weite Verbreitung. Von Australien und Schottland war bereits die Rede, in Amerika wurde es 1845 aufgezeichnet. Natürlich wird es auch in Irland gesungen worden sein. Heute noch existiert eine langsame Variante mit dem alten Refrain, etwa von Gruppe Caladh. Dort heißt es:
Wild Roving I’ll give over, wild roving I’ll give o’er…

 In den Archiven der englischen Folkloregesellschaft EFDSS im Londoner Cecil Sharp-House sind Fassungen und Fundorte festgehalten. Sammler George Gardiner hat Sänger befragt und sich die Mühe gemacht, die Noten der Melodie aufzuschreiben. Wir finden einen Dreiertakt, aber damit enden die Ähnlichkeiten schon fast. 1906 heißt der Refrain

So for my part I will lay up my my money in store
and never will play the wild rover no more.

 No, nay, never..

 Von Norfolk nach Dublin

Der endgültige Wandel zum Trinklied, das seinen eigenen Text konterkariert, hängt wohl mit dem Refrain zusammen. Er wurde  – wie bei Whiskey in the Jar – später eingefügt.

Woher hatten nun die Dubliners und die Clancy Brothers die berühmten Zeilen mit den Klatschpausen? Ohne No nay never… wäre das Lied wohl nie zum Super-Hit geworden. Ich hatte die Gelegenheit, Finbarr Clancy und die anderen High Kings danach zu fragen, die aber keine ernsthafte Antwort wussten.

 Es gibt da eine plausible Theorie, die allerdings besagen würde, dass es mit den irischen Wurzeln des Wild Rover sehr dünn aussieht.
Ausgerechnet ein ostenglischer Heringsfischer spielt darin eine entscheidende Rolle. Der Mann hieß Sam Larner und wurde als Quelle zahlreicher mündlich überlieferter Lieder von Ewan MacColl für seine Radio Ballads „entdeckt“. Er und Peggy Seeger nahmen den Song 1960 für ihre eigene LP The Singing Island auf.

Sam Larner selbst singt W.R. auf Now is the time for fishing von 1961, mit No Nay Never, aber etwas unhandlicher Melodie. 

Ich gehe davon aus, dass es MacColl, der geschickte Liedermacher war, der den Refrain etwas „aufpeppte“. Da Luke Kelly Kontakt zu MacColl hatte, ist anzunehmen, dass die Dubliners den Song in dessen Version lernten. Jedenfalls hatten die irischen Bartträger damit 1964 ihren ersten großen Hit.

 Von Gateshead nach New York

Es gibt noch eine zweite Verbindung von England nach Irland. Der nordenglische Folkprofi Louis Killen sang den Wild Rover bereits 1963 in einem Londoner Konzert. Als er nach Amerika ausgewandert war, schloss er sich 1971-74 dort den Clancy Brothers an. Sie sangen den W.R. gemeinsam. 

Liam Clancy hat bei Auftritten erzählt, er habe den Song in den frühen Sechzigern von Luke Kelly gelernt. Die englische Herkunft wurde wie bei Dirty Old Town oder Fiddlers Green von irischer Seite gern verschwiegen, sicher aus Imagegründen. So genau wollte man es vielleicht auch gar nicht wissen.

 Fazit

Die populäre Version des Wild Rover stammt also nicht von irischen Pubgästen, sondern aus dem englischen Folk-Revival vor 50 Jahren. Schade ist, dass die mit Tonträgern verbreitete Einheitsfassung all die anderen Varianten nahezu komplett verdrängt hat.

Aufnahmen gibt es von den Pogues, Stiff Little Fingers, High Kings…Mit Andre Rieu oder Burl Ives hätte ich allerdings nicht gerechnet.

Die Nummer mit ihrem Schunkelrhythmus funktioniert so gut, dass sie live immer wieder verlangt wird. Nicht unbedingt zum Vergnügen des Sängers.

  Hamish Imlach: „I’ll go to a folk club, take a shotgun along
And I’ll shoot the first b*stard who asks for that song.” (restlicher Text)

 Man kann den Text der Strophen gut auf eine andere Melodie singen, z.B. Ghost Riders in the Sky. Jippy a yeah…

 Aber sonst: No. Nay. Never. No More.

 

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