Wide Range – große Spannweite, breites Spektrum. Kann ja jeder sagen. Bei dem Quintett aus Hamburg passt es aber in mehrfacher Hinsicht. Alle Mitglieder bringen mehrere Instrumente ein, der Sound ist dicht und vielfältig, die Stile der einzelnen Tracks reichen von traditionell irisch bis Keltenpop. Die Fünf verstehen ihr Handwerk und bringen offenkundig diverse Vorerfahrungen mit. Das Album bietet eine knappe Stunde Spielzeit und ist sehr sorgfältig produziert.
Los geht’s mit ein paar Jigs und Reels. Da die Studiotechnik dazu einlädt, gibt es ein variantenreiches Set mit Multitracking, das über sechs Minuten auf das Kommende einstimmt. Fiddle, Banjo, Akkordeon oder Whistle wechseln sich in einem ausgeklügelten Arrangement mit Leit- oder auch 2. Stimme ab und spielen sich die Bälle zu. Die Tempi sind zügig, aber nicht gehetzt, so dass auch die Feinheiten zur Geltung kommen. Unter den Melodielinien liegen meistens noch Klänge von Akkordeon oder Keyboard für einen vollen Sound. Nett wäre gewesen, auch bei Glinn Cottage oder dem Sailor’s Bonnet Set jeweils die Namen aller Tunes abzudrucken, damit Leute wie ich nicht immer grübeln müssen, was da neben Trippin’ Upstairs oder The Banshee noch zu hören war.
Beim Gesang wechseln sich drei der fünf Herren ab. Der Sologesang mit sparsamen Backings ist in Ordnung, aber Wide Range sind offensichtlich eher eine Instrumentalisten-Band. Eingängig und schwungvoll ist Dougie McLeans Feel so Near, wo die Mandoline bluegrassartige Akzente setzt. Der erste Höhepunkt das Albums ist das Wolfstone-Cover Ballavanich. Keyboard und Flöte erzeugen zunächst eine besinnliche Atmosphäre, wie sie von einer Clannad-Aufnahme stammen könnte. Das Akkordeon übernimmt dann den Dudelsack-Part, bevor es mit einer deutlichen Steigerung und groovigem Bass zu Ende geht.
Pride of Springfield Road bekommt clevere Instrumentalparts eingeflochten. Hübsch ist die ironische Country-Swing-Nummer Close the Door Lightly, eine weitere ungewöhnliche Wahl, mit Honky –Tonk – Piano und feinem Fiddle – Solo. Bei den Jacobites vermisse ich zu den swingenden Wohlklängen etwas mehr Biss, wie es dem Inhalt angemessen wäre. Percussion wie Bodhran oder Cajon bleiben insgesamt ziemlich im Hintergrund.
Der zehnte Track als Abschied aus dem Studio ist noch einmal etwas länger geraten. Welcome Poor Paddy Home ist wiederum sorgfältig aufgebaut, mit Hilfe der “Bornwisch Nightingales“ entsteht eine ausgewachsene Folk-Hymne.
Kompetent, locker und trotzdem durchdacht, könnte man nach dem 10. Titel ein Fazit ziehen. Die beiden letzten Aufnahmen beweisen aber, dass Wide Range auch live und ohne Double-Tracking beeindrucken und ein Publikum mitziehen können. Wer die x-tausendste Fassung von Ride On veröffentlicht, muss schon was zu bieten haben, und hier überzeugen bereits nach wenigen Tönen die ineinandergreifenden Soli und der intensive Gesang. Bei Chanters Tune wird kräftig, wenn auch nicht ganz taktsicher, vom Publikum mitgeklatscht. Der immer schneller werdende Cooley’s Reel beendet stilvoll den letzten Set.
Wide Range sollten sich überlegen, ob sie nicht doch ein Schlagzeug mit ihrem folkmusikalischen Gewissen vereinbaren können (und das nicht, weil wir hier bei Celtic Rock sind). Durch einen rhythmischen neben dem vorhandenen melodischen Schwerpunkt würde sich die Spanne noch ein bisschen mehr erweitern. Die Band besteht ja erst seit 2004 und ist mit diesem vierten Album in ihrer Entwicklung sicher noch nicht am Ende. Potential ist genug vorhanden.
Trackliste
- Steppin’ out set
- Feel so near
- Mursheen Durkin / The Arkansas traveller
- Bellavanich
- The pride of the Springfield Road
- Close the door lightly
- Glinn Cottage
- Ye Jacobites
- The sailor’s bonnet set
- Welcome poor Paddy home / The unicorn
- Ride on (live)
- The Chanter’s tunes (live)
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