Mit „Waterbound“ liefern The Fretless nicht nur einen bund-, sondern vor allem einen kompromisslosen Neuntitler ab, der auf dem Gebiet der irisch-keltischen Instrumentalmusik seinesgleichen suchen darf. Das Streichquartett, dessen einziger Monoinstrumentalist vom Cellisten gestellt wird, tourte im Oktober dieses Jahres durch deutsche Städte und setzt diese Reise auch im November fort. Getragen vom Tournee-Titan Magnetic Music wechseln die drei Multiinstrumentalisten nicht nur die erste und zweite Violine, sondern auch die Bratsche von Lied zu Lied untereinander.
Dass dem eine klassische Ausbildung, welche laut eigenen Angaben an der renommierten Berklee Universität erfolgte, vorausging, ist unüberhörbar. So weisen die Dame und die drei Herren nicht nur das saubere Spiel der ersten Lage auf. Vielmehr wechseln sie zwischen den Lagen, brillieren mit bogentechnischen Raffinesse und rhythmischen Überraschungen und wie nebenbei erklingenden Tonartenwechseln.
Box, Man eröffnet das Album mit eingangs breiten, basslastigen Largoklängen, die nach kurzem Einstimmen in eine illustre Doppelsaitenmusik der ersten Violine kulminieren. So steigert sich das musische Miteinander, bis ebd. durch eine Wiederholung der ruhigen Anfangsklänge einen jähen Abbruch erfährt. Nachdem man sich also wieder in das alte Motiv hineingesteigert hat, folgt ein Rhythmuswechsel, dem eine Unisonopassage von Cello und Violine folgt. Zumeist erweist sich das Spielen einer gleichen Melodie durch mehrere Instrumente, hier sogar zwei Streicher, aus Intonationssicht eher als hörgenussliche Verzichtbarkeit. Hier aber kleidet die Akkorddifferenz zwischen dem Tief- und dem Hochsaiter die Melodie zu einem akustischen Bonbon. Bratsche und zweite Violine begleiten das illustre Treiben mit Doppelsaiten, die so hart angeschlagen werden, dass man beinahe ein Rhythmusinstrument für den Tanzbeinanlassgeber hält.
De Folgetitel, Beads at the Market, wird von den Pizzicato-Klängen des Cellos, das die melodiesierende Geige begleitet, und letztgenannter eingeleitet. Hinzu gesellen sich, zwischen Melodie- und einfachen Akkordanteilen diffundierend, die zweite Violine und ihr etwas größerer, tiefklingender Verwandter. Trotzdem man nicht auf folkloristische Triller, wenig überraschende Doppel-Leer-Saiten verzichtet, überraschen immer wieder technisch virtuose Passagen.
Über den Namensgeber des Albums, Waterbound, der durch Ruth Moody gastmusisch unterstützt wurde, wagt sich das Quartett in vokal-musische Welten, die das Album ungemein erfrischen. Indes sich das Quartett in wohlfeiler Zurückhaltung immer wieder zu kurzen Melodiepassagen aufschwingt, wirkt Moodys Gesang wie ein frischer Sommerregen in einer ansonsten malerischen Landschaft, die die vier Bundlosen einzig qua ihrer Bögen entwerfen. Gleiches gilt für die weniger glasklare Stimme von Nora Renaell, die mit leicht-aspirierter Rauchigkeit „Harder to Walk“ ein einzigartiges, in Terzen vorgetragenes Gewand verleiht.
Growlin, der abschließende Titel des Albums eröffnet mit getragenen Bassklängen und der rhythmusgebenden Steppschuhen der Dame des Hauses. Was sich hier einzig als akustisches Phänom darbietet, dürfte live wohl von bezaubernder Wirkung sein.
Gleich Bands wie Fiddler’s Bid, ist die Musik von The Fretless auf erstklassigem Niveau vorgetragen. Dabei lebt ihr musisches Vielerlei vor allem von der Symbiose ihrer klassisch, technischen Versiertheit, die, Hand-in-Hand-gehend mit der Leichtigkeit der dargebotenen Folklore, eine fast einzigartige Klangmischung entfaltet. Freunden instrumentaler Musik sei zu diesem Album tunlichst geraten. Doch auch Freunde vokaler Musik werden an den zwei Gastmusikertiteln und den ihn umgebenden Rest Gefallen finden. Dies ist ein Album, das sowohl als Hintergrundmusik, vor allem aber als Zuhörmusik taugt.
Trackliste
- Box, Man
- Beads at the Market
- Waterbound (feat. Ruth Moody)
- The Northern Three
- A Bunch of Time
- Brigitte
- As We Pray
- Harder to Walk (feat. Norah Renaell)
- Growlin
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