Der Satyr, halb Bock halb Mann, spielt die Flöte, tanzt mit den Nymphen. Eine Art Freigeist, dem geordneten Leben gegenübergestellt. Der Erfinder des Weinbaus. Satyricon – ein vortrefflicher Albumtitel. Mythisch angehaucht, folkig/mittelalterliche Melodien, viel Tanz viel Wein.
Es ist düster, Nebel liegt über dem Wald. Fantasy-Kopfkino. Eine grimmige, verzerrte Stimme murmelt Beschwörungsformeln. Dann marschiert eine Armee (Satyre?) durch den Wald. Die E-Gitarren setzen ein – leider eher schwach auf der Brust und sägend, egal ob ich die CD mit Kopfhörern, am Computer, auf der Stereoanlage im Wohnzimmer oder im Auto wiedergab. Auf einer Lichtung spielt der Satyr. Die Armee sammelt sich um das Feuer und dann setzt der Gesang ein. Eine schöne Stimme, schöne Melodien. Und ich stelle fest: auch das Schlagzeug wirkt irgendwie kraftlos. Die E-Gitarre bekommt einen rotzigen, punkigen Unterton. Und der Song hört sich an wie ein wenig Nightwish (ohne die Oper), ein wenig Evanescence (ohne den Pop) und eine beliebige Mittelalterband. Meinetwegen auch Pagan-Rock-Band. Nach vier Minuten setzt das klassische Rock-Solo ein – und plötzlich wird wieder auf der Lichtung getanzt.
Soviel zu meinen spontanen Eindrücken vom ersten Song, dem Titeltrack Satyricon. MaterDea vollbringen das Kunststück, eine beeindruckende Vielseitigkeit in ihrem definierten, charakteristischen Sound einzubeziehen: 80er-Jahre Rock, Metal, Mittelalter, Songwriting. MaterDea erzeugt schöne Stimmungen, immer mit diesem düsteren Touch um ihn dann zu zerstören. Die Songs sind gekonnt in Szene gesetzt, gekonnt arrangiert. Kein Wunder bei der jahrelangen Erfahrung als Musiker der Bandmitglieder. Die haben zum Teil schon Platten eingespielt, als ich mir auf dem Weg zum Kindergarten noch den Playmobil-Prospekt angesehen habe.
Schade, dass viele Songs einen viel zu ähnlichen Aufbau besitzen und die E-Gitarre ihr Spektrum so gar nicht ausreizen darf. Das ist eben die andere Seite der Medaille. Man mache sich einmal den Spaß und skippe die Songs nach den ersten paar Sekunden. Von den zehn Songs zwischen drei und sieben Minuten sticht da ein einziger heraus: The Little Diviner. Das verbindet die Songs zwar miteinander, schafft eine gleichförmige Grundstimmung. Mir ist es aber schlicht zu langweilig und zu einfach.
Die Platte fährt gleich mehrere starke Songs auf, etwa bereits beschriebener Satyricon oder Between the Temple’s Walls, die Quoten-Ballade, die aber mit feinem Klavierläufen und einer Ben-Becker-Gedächtnis-Lesung (Lied) aufwartet. Mein Lieblingssong ist Castle Of Baux, das mit einer sanften Military-Drum anfängt, die E-Gitarre darf mit einem netten Riff sägen, es folgt das unausweichliche Solo, das in einen Blues-Rock-Groove übergeht. Schön auch der Anfang von Children Of The Gods, der erst nach Herr-der-Ringe-Ork-Armee, dann nach Carmina Burana, dann nach beidem zusammen untermalt mit sägenden E-Gitarren klingt.
Trackliste
- Satyricon
- Lady of Inverness
- The Green Man
- Benandantes, Malandantes
- Awareness
- Broomoon
- Castle of Baux
- Children of the Gods
- The Little Diviner
- Between the Temple’s Walls
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