Hört man in den jüngsten Silberling der Folk-Avant-Gardisten, Deep End of the Ford (DEOTF), muss man konsterniert feststellen, dass diese Facette des Folk viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Angebot und Nachfrage scheinen sich bei dieser Form der sonstigen Unterhaltungsmusik jedoch in Grenzen zu halten. Hört man allerorts Off-Beat-wütigen Brüll-Folk, traditionelle Schunkelfolklore mit verstimmten Instrumenten oder Vierkopfbesetzungen, die erst unlängst zu den Instrumenten griffen, bietet An Táin den schwersten und diffizilsten Hörgenuss, den Celtic Rock mir bisher geboten hat.
Plattrock ~ A little cup of sausagewater (2012)
Ein paar Tage bevor sie einen Levellers-Support-Act in der Münsteraner Sputnikhalle spielen sollten, hatte ich die Ehre ein paar Zeilen über die neue CD einer Band mit 30 Jahren Geschichte zu schreiben. Sie begannen Musik zu machen, als ich noch heimlich die Roland Kaiser Cassetten aus dem Regal meiner Mutter geklaut und falsch in den Recorder eingeschoben habe.
Los geht es mit dem Röhren eines Hirschs, Elchs oder sonstigen Getiers. Matthes möge mir verzeihen (und vielleicht hier aufklären), dass ich mich im Jägerjargon nicht so zu Hause fühle, bevor dann ein echtes musikalisches Potpourri aus den Lautsprechern schallt. Beim ersten Hören kommt es mir vor wie Filmmusik deren Story ich noch nicht kenne.
Seth Lakeman „Tales from the Barrel House“ // mit Gewinnspiel
Handwerk hat goldenen Boden. Dieses altehrwürdige Sprichwort passt als Leitmotiv vortrefflich auf das vorliegende Werk. Weniger, weil Seth Lakeman alle Songs seines nunmehr sechsten Soloalbums im Alleingang aufgenommen und produziert hat, sondern viel mehr, weil „Tales from the Barrel House“ ein prächtiges Konzeptalbum ist, bei dem der preisgekrönte Folkmusiker aus Devon seine geschichtsträchtigen Songs rund um vornehmlich handwerkliche Berufsgruppen gesponnen hat.
The Logues ~ Tough at the Bottom (2011)
Gleichwohl sich auch nicht-alkoholische Themen auf dem Elf-Titel-Silberling, Tough at the Bottom, wiederfinden, spricht doch das Gros der Lieder auch ohne gediegene Englisch-Kenntnisse eine recht eindeutige Sprache. Nomen est omen – trifft hier also par axcellence zu. Und wirft sich mit dem Cover auch gleich angemessen in Schale. Doch ist der Alkoholkonsum nicht vordergründiges Thema, sondern vielmehr eine beinahe notwendige Begleiterscheinung durchzechter Nächte. Bietet das Frontbild noch die feste Hand um das Whiskeyglas, wird dem Hörer und detailsuchenden Coverbetrachter auf der Rückseite die Konsequenz eines Auftrittes von The Logues: Ein bedauernswertes Pony fährt einen Bierbauch-präsentierenden und einzig in Unterwäsche befindlichen Musikus über einen steinigen Weg. Eine Band also, die allein durch ihre optische Präsenz Spaß und ausreichend ironische Elastizität vermittelt.
The Canny Brothers Band ~ One Drop of Whiskey (2010)
„Vielseitig“ wäre untertrieben. Bei den Canny Brothers bekommt man zwei bis drei Bands zum Preis von einer. Die erweiterte Geschwistertruppe aus New York wechselt locker zwischen diversen Stilen und nennt das Ergebnis „Brooklyn Celtic Roots Rock“. Ihr zweites Album zeigt mit 15 Titeln die gesamte musikalische Palette der Gruppe.
Paddy McHugh and the Goldminers EP (2011)
Ich war auf der Autobahn in Richtung Hamburg unterwegs, als ich die CD das erste Mal in ihrer Pracht gehört habe. Ich hörte Country? Nein, ganz so ist es nicht! Die CD bietet auch einige andere Facetten, als nur Country.
Paddy McHugh and the Goldminers sind mit der australischen Country-Musik groß geworden. Sie stammen alle von der Ostküste Australiens und gründeten sich im Januar 2011. Der vorliegende Silberling ist ihre Debüt Scheibe. Die aktuelle Besetzung der Band ist wie folgt, Paddy McHugh (Gesang, Gitarre), Mike Hennessy (Banjo, Gesang), Paul Vidler (Gitarre), Glen Russell (Bass) und Kevin “ Kev “ James (Drums). Paddy McHugh ist ein talentierter und einzigartiger Sänger. Er war im Land unterwegs und hat Straßenmusik gemacht. The Goldminers haben eine eigene Individualität und Stil. Man tat sich zusammen und ist nun eine verschworene Gemeinschaft. Ich glaube Paddy McHugh and the Goldminers haben ein unglaubliches Potenzial und werden es weit bringen. Das spricht auch für ihre guten live Auftritte, wo man merkt, dass es eine aufstrebende Band ist, mit einer großartigen Zukunft.
The Sally Gardens ~ Airborne … (2010)
Gemäß der optischen und titelgebenden Ankündigung geht es auch akustisch zu. Die ersten Sekunden des Albums sind ganz dem Propellergeräusch eines startenden Lufteroberers gewidmet. Konzeptalben sind, so sie sich nicht allgemeinen Themenfeldern umherschweifen, wie bspw. das spätestens seit Jack Sparrow zum Plakativum degradierten Seefahrtsmotiv, dem Problem ausgesetzt, dass entsprechender Stoff zur Verarbeitung gefunden werden muss.
Murder the Stout ~ Troosers EP (2011)
Murder the Stout, 2004 Houston/ Texas ins Leben gerufen und 2010 gab es einen Neustart. Der einzige Überlebende der Altbesetzung ist der gebürtige Schotte Hugh Morrison (Gesang / Squeezebox), dazu haben sich Kevin Murphy (E-Gitarre, Bodhran, Gesang), Johnny Rioux (Bass, Mandoline, Gesang), David Schaefer (Whistles, Flöte), Marcus Hollar (Gitarre, Banjo, Gesang), Neil DuFour (Gitarre, Mandoline), Paul […]
Lisa Cuthbert ~ Obstacles (2010)
Die Musik von Lisa Cuthbert versprüht ungefähr so viel Optimismus wie der schwarze Luftballon vom Coverfoto. Die Singer-Songwriterin, die aus Dublin stammt, zelebriert Melancholie auf hohem Niveau. Sie schreibt sehr persönliche Texte und hat eine Stimme, die unter die Haut geht. Lisa begleitet sich auf dem Klavier oder E-Piano und schafft wunderschöne musikalische Momente. Sie passt nicht in unsere sonstigen Kategorien, zeigt aber, auf welch unterschiedliche und spannende Arten sich Musik aus Irland weiter entwickelt.
The Pubcrawlers / The Outsiders ~ Vintage Brews & Punkabilly Blues (2012)
Grüne Großstadt-Leprechauns auf einem Pritschenwagen treffen betollte Elvisverschnitte und hübsche Mädchen in Pettycoats in pinkem Cadillac. So stellte ich es mir vor, als ich erstmals in das gemeinsame Album der Pubcrawlers und der Outsiders hineinhörte. Da es sich um MP3s handelte, musste ich es mir vorher auf eine Scheibe brennen, da mein kleines Vehikel keine Möglichkeit hat diese abzuspielen. Es wurde zu einem besonderen Erlebnis.