Zwanzig Jahre, zwanzig Titel. Zu ihrem Bandjubiläum haben sich An Rinn, anders als bei ihren Themenalben, von ihren Vorlieben und den Wünschen des Publikums leiten lassen. Die Bandbreite reicht vom a cappella – Shanty bis zum Run Rig – Cover mit E-Gitarre, so dass jede/r ein Lieblingsstück finden wird. Alles ist handwerklich sehr ordentlich gemacht, und die musikalischen Gäste setzen weitere Glanzpunkte.
Trotz des gälischen Namens würde man An Rinn nicht gerecht, wenn man sie in die keltische Schublade steckte. Ihr multinationaler Ansatz lässt sich schon an der Besetzung festmachen. Es gibt keine Fiddle und kaum Flöten, dafür ein auf professionellem Level gespieltes Five-String- Banjo. Hinzu treten Bass, Akkordeon und Raritäten wie Concertina und Small Pipes. Vergessen werden sollten auch nicht die gut aufeinander eingestellten Gitarren mit feinen akustischen Soli sowie die Tunes bei den beeindruckenden Instrumentalstücken. Wer braucht eine Harfe, wenn man Hackbrett haben kann?
An Rinn haben, was sie mir sympathisch macht, enge Verbindungen zum Folk – Revival der Siebziger, als das Etikett „keltisch“ noch nicht so verbreitet war. Die Songs sind den Niedersachsen zugelaufen oder zugeflogen und stammen aus dem gesamten angloamerikanischen Raum. Die Band hat ein Ohr für schöne, eingängige Stücke, die auch gern eine Botschaft haben dürfen. Hauptsache gut, egal woher.
Sehr stark ist der Gesang, mit mehreren Leadsängern und kräftiger Unterstützung bei den Refrains. Als Gast ist zweimal die großartige Anke Morhaus zu hören, die An Rinn bei einem ihrer Auftritte aus dem Publikum „fischten“. Sie singt Bantry Girl’s Lament, als ob sie ihr halbes Leben in Pubs und Folkclubs zugebracht hätte. Selten hat mich eine Frauenstimme so gepackt. Toll.
Zwei große Singer/Songwriter zählt die Band zu ihren Freunden und konnte sie zum Mitmachen gewinnen. Colin Wilkie, der „Vater von Folk in Deutschland“, singt seine Icy Acres erstaunlich vital. Er wird dieses Jahr 80! Zehn Jahre jünger ist Si Kahn, dessen Songs wie Aragon Mill von vielen namhaften Leuten gecovert werden. Er ist auch als politischer Aktivist hervorgetreten. Sein Umwelt-Protestsong richtet sich gegen Goldabbau in Kanada. Upstream gehört zu den Highlights des Albums.
Desweiteren gibt es ein Wiederhören mit Publikums – Hits wie Fields of Athenry oder Red is the Rose, die sehr sicher mehrstimmig gesungen sind. Dazu Schönes, aber Unbekanntes wie das optimistische Down the Road, ein sehr geeigneter Opener.
Besonders interessant für mich sind die Cover von Songs, mit denen ich seit vielen Jahren vertraut bin, wie Roseville Fair, Leave her Jonny oder Farewell to the Gold. Sie brauchen sich allesamt nicht vor den Fassungen bekannterer Kollegen zu verstecken, sind aber keine bloßen Kopien. Bei Just as the Tide was Flowing fehlt mir dagegen der gemächliche Rhythmus, den ich mit diesem sehr englischen Stück verbinde.
An Rinn halten es wie beim Vorgänger All at Sea: Am Schluss wird’s hymnisch. Dazu eignet sich bestens Si Kahns When the war is done, mehrstimmig vorgetragen. Book of Golden Stories bekommt ein paar schöne E-Gitarren-Soli und das richtige Run Rig – Pathos. Es läuft durch bis zum Hidden Track, einem weiteren A Cappella – Song. Schade, dass die Länge von neun Minuten das im Radio Mögliche deutlich überschreitet.
Das Booklet enthält Anmerkungen zur Herkunft der Songs und eine launige Bandhistorie. Auf den Abdruck der Liedtexte wurde verzichtet, da sie alle im Internet zu finden seien. Aus urheberrechtlichen Gründen wohl die beste Lösung, aber trotzdem schade.
Insgesamt ein Album, das ich noch öfter hören werde, und für Freunde der Band unverzichtbar. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und alles Gute für die nächsten zwanzig Jahre…
Trackliste
- Down the Road
- Applecross Bay
- Bantry Girl’s Lament
- Across the great divide
- Upstream
- Road to Bangor
- Icy Acres
- Just as the Tide was Flowing
- Sam Hall
- We had it all
- Leave her Jonny
- Fields of Athenry
- Pretty fair Maid in the Garden
- La Bruxa
- Red is the Rose
- Roseville Fair
- Day of the Clipper
- Farewell to the Gold
- When the war is done
- Book of Golden Stories
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