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The Borderers – Tales of Love & Loss + Rise Up! (2011)

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Tales of Love & Loss + Rise Up!
Tales of Love & Loss + Rise Up!

„Tales of Love & Loss“ eröffnet mit You’re My World, das eher einem Spiritual denn dem intuitiven Verständnis von Celtic-Music entspricht. Stilistisch unfestgelegt setzen sich beide Silberlinge fort. Die Hauptgesichter der Band stellen Alex (Gesang) und Jim (Gesang, Gitarre, Keyboard, Mandoline, usw.) dar. Beide setzen mit dem Doppelalbum eine künstlerische Erinnerung. Diese gilt zum einen der Mutter von Jim, die 2011 verstarb, vor allem aber ihrem Sohn Rowan, der im Jahre 2010 „den Kampf gegen seine Depression verlor“. Ihm ist eine Seite des Covers gewidmet und hinterlässt schon vor dem Hören einen melancholischen Beigeschmack. Dies im Hinterkopf, eröffnet You’re My World erstaunlich optimistisch und weist die Verarbeitung der zu Erinnernden als Prozess des leid- aber auch freudvollen Zurückholens aus.

Die Liste der Gastmusiker füllt eine weitere  Seite und lässt, ob Anzahl und Umfang der Mitwirkenden und Instrumente, innehalten. Über drei Dutzend Mitwirkende sind aufgeführt, was auf einen ebenso erstaunlichen Umfang der Instrumentation schließen lässt. So erklingen nebst virtuoser Vielstimmigkeiten und den bereits genannten Instrumenten auch unterschiedliche Bässe, Geigen, Piano, Akkordeon, Harmonika, Klarinette, Saxophon, Banjo, Trompete und viele mehr. Folglich entfalten beide Alben ein schier unfassbares Spektrum an klanglicher Vielfalt. Light On A Hill wird durch ein getragenes Piano und Synthesizer-Sounds eröffnet. Beinahe flüsternd schleicht sich die Stimme Alex‘ ein, die sich vielerorts zu fulminanter Gewalt entfaltet. Hinzu kommt die warme Klangvibration einer Orgel und eines synthetischen Chores. Nach einem Tonartwechsel stimmt sich auch ein Dudelsack in das musikalische Geschehen ein und umspielt den bis dato zu einem imposanten Chor angewachsenen Gesang, übernimmt nach einem Break im Alleingang die Melodie und führt den Titel zu einem angemessenen Abschluss.

Jesus By My Side erinnert eher an einen illustren amerikanischen Gottesdienst. Das eingespielte Händeklatschen trägt den voluminösen Gesang, der sich hier in komplett anderer Gewandung zeigt als noch beim vorherigen Titel. Kraftvoll bricht er sich seine solistische Bahn. Im Hintergrund ertönt eine Tuba und trägt die Klavierimprovisation durch die imaginierten Kirchenhallen.

Rowan’s Theme eröffnet nach dem illustren Treiben mit einem leidenschaftlich und intendiert dissonantem Geigenspiel. Warm wird das Motiv von einem Horn übernommen, indes das seichte Gitarren-Picking durch Synthesizer-Sound unterstützt wird. Es entwickelt sich ein Wechselspielt der Instrumente, denn indes die Mandoline ein Motiv wieder aufgreift, das Horn im Hintergrund weiterhin unisono unterstützt, schwingt sich die Geige im Folgenden zu freieren Gestaden auf. Lautmalerisch-sphärischer Gesang komplettiert den Gesamtduktus bevor sich alle Instrumente zu harmonischer Gleichzeitigkeit aufmachen. Immer wieder wird der intuitive Melodieverlauf von quasi-dissonanten Tönen unterbrochen. Und ebenso unerwartet endet das Stück ohne abschließenden Akkord – ein Thema, das ihrem Sohn gewidmet ist.

 

„Rise Up!“ eröffnet mit Alex’ Aufforderung, die Gläser endlich gen Himmel zu recken und so auf den Titel Oi, Oi, Oi! We’re Going Down the Pub einzustimmen. Im Hintergrund ertönt ein tanz- und trinkwütiges Publikum. Der Kehrreim des Liedes entspricht dem Titel und gemäß dem Motto „nomen est omen“ werden nun illustre Töne angeschlagen. Ein Titel aus dem Bilderbuch: Der Bass walked durch den folkloristischen Duktus, das Publikum feiert und der Spiel- und Improvisationsfreude sind keine Grenzen gesetzt.

Im Folgenden erklingt Tell Me Ma / Africa und weist das musische Duo und seine Gastmusiker als außergewöhnlich vielfältig aus. Nach einer Tell-Me-Ma-Strophe folgt ein Gesangspart Jims, der insbesondere durch die Percussion an Afrika erinnert. In Folge durchdringen sich die Motive und so wird ein buntes Potpourri unterschiedlichster Stile. Der Folgetitel erklingt in Balkan-Off-Beat-Manier und wird maßgeblich vom Bläsersatz durch Trompete und Posaune getragen. Wahnsinn, was für eine stilistische Vielfalt hier an den Tag gelegt wird. Trotz permanenter weltmusischer Umorientierung wird der Gesamtstil nicht konterkariert. Es erklingen Dudelsack und Akkordeon in wohlfeiler Harmonie mit einer Brassband. Dass dieser Mix zwangsläufig in die Beine gehen muss, beweist das folgende Video (auch wenn die Aufnahmequalität eher defizitärer Natur ist):

Zwischen Country, Bluegrass, Irish Folk, Polka, Spirituals, skaesken Zügen, Weltmusik und einem individuellen Allerlei zaubern The Borderers eine Mischung, die es in sich hat. Zu jeder Zeit überzeugt diese Mischung und lässt sich jedoch nie einwandfrei verorten. Wer also wenig mit musischem Purismus zu tun haben will, auf virtuoses Musikhandwerk steht und dennoch immer wieder vom Einbruch des Unerwarteten überrascht werden will, muss von dieser Produktion in den Bann gezogen werden. Vielfalt und musischer Multikulturalismus vom Feinsten.

 

Trackliste – Tales of Love & Loss

  1. You’re My World
  2. Love Them While You Can
  3. Light On A Hill
  4. Jesus By My Side
  5. Changing Fortunes
  6. Rowan’s Theme
  7. One In A Million
  8. My Father’s Love
  9. The Meaning of Life
  10. Danny Boy

Trackliste – Rise Up!

  1. Oi, Oi, Oi! We’re Going Down the Pub
  2. Tell Me Ma / Africa
  3. St. Antonin
  4. Gimme That Rhythm
  5. Finding Your Own Way
  6. Temptation
  7. I’m A Work In Progress
  8. Rise Up!
  9. Sober
  10. Ye Canny Shove Her Granny Aff the Bus

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