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Golden Kanine ~ Oh woe! (2011)

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Aufmerksam wurde ich auf diese Musik durch ein wundervolles Musikvideo.

Sehr minimalistisch und umso effektvoller hat sich „Climb“ in mein Gemüt geschlichen und will einfach nicht mehr heraus. Und auch optisch wissen die fünf Malmöer zu überzeugen. So bricht sich das morgendliche Licht im Geäst des beinahe entnadelten Winterwaldes. Der Atem scheint in der Luft zu gefrieren und trotzdem baut das Video eine eigenartige Intimität auf. Und auch der Humor der Schweden zeugt von liebenswerter Eigenwilligkeit und trifft mit Sicherheit den Nerv humoristischer Käuze. So wird eine Leiter durch die heimischen Wälder getragen, indes die aufspielende Geige keines optischen Eindrucks gewürdigt wird. Schlussletztlich versammelt sich das Musikerkollektiv im kalten Schatten eines grotesk wirkenden Baumes. Die Erklärung für den absonderlichen Charme des etwa dreiminütigen Videos mag sein, dass sich zwei der fünf Mitglieder in der Filmschule von Helsingborg getroffen haben – und im Video demnach technisches Knowhow und kreative Charakteristik zu einzigartiger Symbiose gelangen.

Aber nun zum Eigentlichen, dem zweiten Album der Band unter ihrem jetzigen Bandnamen. Der erste Titel eröffnet mit surreal verzerrtem Hintergrundgeräusch, das zu deuten und in das Gesamtwerk einzuordnen nicht so recht gelingen will. Dann schleichen sich die ersten Töne ein. Banjosound und Gitarrentremolo umspielen den eindringlichen Gesang. Letztgenannter durchzieht das gesamte Album wie ein beinahe psychodelischer Faden. Dass die ersten Zeilen in ein sehnsuchtsvolles „ohhhhhh“ münden, unterstützt diesen Eindruck.

Es folgt der stärkste Titel des Silberlings. „Climb“ ist nicht nur sehr ansehnlich, sondern wartet mit Ohrwurmverdacht par excellence auf. Rhythmisch gemäßigt, eröffnet auch dieses Stück mit gediegenem Banjosound. Die hinzukommende Violine, die nicht auf klassische Korrektheit beharrt, unterstützt den gesanglichen Eindruck, indes sich Posaune und Bass schmeichelnd in das Ohr relaxen. Der geneigte Hörer wird sich dennoch nicht den Wohlklängen ergeben und im heimischen Lieblingssessel eindämmern. Golden Kanine gelingt mit „Climb“ ein Geniestreich, der Ruhe und Eindringlichkeit in sich vereint.

Der Gesang erinnert in vielerlei Hinsicht an den großartigen Sänger von Woven Hand (und ehemals 16 Horsepower) David Eugene Edwards. Auch „Burial“ stimmt in den zum Teil disharmonischen Gesang ein, indem auch die zweite Stimme primär nicht Schönheit sondern Gegenwart anvisiert. „Fire“ würde bei strikter Harmonie allen Kriterien eines guten Popsongs gerecht werden. An vielerlei Stellen ist auch der Einsatz der gedämpften Trompete sehr effektreich und fügt sich nahtlos in den schwedischen Sound.

Auch bei „Low of Probable Outcome“ kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Parallelen zur Feder David Eugene Edwards‘ auszumachen sind. Ob dies zufällig oder intendiert ist, kann ich nicht ausmachen. Auf jeden Fall schwingt bei jedem Lied ein en plus mit. So werden die psychodelischen Sequenzen immer wieder von Unerwartetem durchkreuzt.

„Oh woe!“ brilliert an vielen Stellen mit wuchtigen und überraschenden Klängen. So wartet selbst in der Beschreibung der Instrumentation ein Weinglas und ein Schreiender auf, was in der Musik starken und im Booklet einen ironischen Eindruck hinterlässt. Dabei erweisen sich einige Stücke als echte Ohrwürmer. Der Genuss der ganzen CD ist indes nicht für jedermann ein solcher. Zu schräg und eindringlich kommen die Titel daher, so dass sich schlussletztlich ein starker, aber an manchen Stellen ein wenig überzogener Gesamtklang entfaltet. Wer aber keine Berührungsängste mit disharmonischem Folk und den Tücken seines längerfristigen Konsums hat, kurz, wer mal Lust auf was Neues hat, der ist mit dieser CD sehr gut beraten.

Trackliste

  1. Azkham
  2. Climb
  3. Burial
  4. Fire
  5. Low of Probable Outcome
  6. Get By
  7. All Must Die
  8. A Change
  9. The Devil
  10. Oh Lord
  11. Back From the Woods

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